PREDIGT 14. So. i. JK (A)

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Kinder, liebe Jugendliche!

Landwirte und Ackerbau präg(t)en unsere Dörfer, kleinen Städte und unsere Kultur. Landwirte sorgen durch die Aussaat für das tägliche Brot. Durch das „ausgesäte“ Engagement der Bewohner in Vereinen und Gruppen wird das Zusammenleben fruchtbar. In unserer Gemeinde und in unseren drei Gemeinden lebt und wächst das Zusammenleben – zusammenwachsen und zusammen wachsen. Ziel aller Mühe ist es, dass etwas Gutes wächst – dann ist Leben im Dorf bzw. in unserer/unseren Gemeinde(n).

Jesus kommt vom Dorf, aus Nazareth. Er kennt sich in der Landwirtschaft aus und weiß, dass dies auch die Lebenswelt der Jüngerinnen und Jünger ist. Gleichnisse aus Landwirtschaft verdeutlichen seine Botschaft – so auch das Sämann-Gleichnis. Ein Sämann geht aufs Feld und streut Samen aus. Er lebt aus der Hoffnung, dass da etwas Neues wachsen und Frucht bringen kann. Wohlgemerkt: Neues wachsen kann, aber nicht zwingend muss. Und obwohl dreiviertel des Saatgutes nicht bis zur Ernte heranreifen, wagt er die Aussaat. Obwohl Misserfolg zu 75 Prozent vorprogrammiert ist und ein Großteil der Anstrengungen vergeblich ist – streut der Sämann den Samen aus, in der Hoffnung, dass etwas Gutes herauskommt.
Hätte der Sämann seine Arbeit nicht besser machen können?
Hätte er nicht genauer zielen können oder die Dornen roden müssen?
Hätte er nicht eine Bodenprobe nehmen können, um zu sehen wie verkrustet und hart die Erdoberfläche ist oder in welcher Tiefe Fels ansteht?
Hätte der Sämann, hätte Gott, seine Arbeit nicht besser machen können?

Erfolg ist keiner der Namen Gottes– schrieb Papst Benedikt – und Gottes Wort gilt allen Menschen. Alle Menschen sind zum Hören des Wortes Gottes eingeladen – und dann kommt es eben auf den Menschen an; Gott hat sein Mögliches getan: Er hat uns sich und seine Botschaft geschenkt. Er hat sein Wort in unseren menschlichen Ackergrund, in unser Herz, gesät. Jetzt liegt es an uns, was aus Gottes Wort wird.
Zum einen Ohr rein, zum anderen Ohr raus. Zwischen den Ohren alles auf Durchzug, den Verstand vollkommen ausgeschaltet: Gottes Wort hat gar keine Chance sich bei uns und in unserem Leben zu verwurzeln.
Worauf sollen wir hören?Wir machen viele Worte – ständig werden wir im Radio, Fernsehen und Internet berieselt – Dauerberieselt und Dauerumsorgt. Auch viele Freizeitangebote und selbst gemachte Sorgen ersticken Gottes Wort. Vielfach finden Treffen und Termine während der Gottesdienstzeit statt, der Zeit der Aussaat des Wortes Gottes.
Und wenn wir Gottes Wort hören, es in uns aufnehmen, wie gehen wir damit um? Bleibt das Wort Gottes nur oberflächlich, dient es nur der Glättung meiner „Sorgenfältchen“ oder hat Gottes Wort in mir eine Tiefenwirkung. Strahlt es durch mich aus und habe ich so eine Ausstrahlung? Will ich nur das hören, was mir passt, oder kann ich auch Schwieriges aushalten, und daraus Kraft und Hoffnung schöpfen?

Es liegt an mir, was aus Gottes Wort in mir und durch mich wird:
Es liegt an mir, ob ich für einen guten Nährboden sorge, ob ich mich und mein Herz für Gottes Wort bereite.
Es liegt an mir, ob ich für ein geeignetes Klima und Umfeld sorge, damit Gottes Wort in mir wachsen und reifen kann, ob genügend Zeit und Luft bleibt darüber nachzudenken, oder ob meine oft selbst gemachte Hektik des Alltags das Wort Gottes überwuchert und zu ersticken droht.
Es liegt an mir, ob ich mir das Wort Gottes, die christliche Botschaft, vom Zeitgeist und der medialen Meinungsmache wegschnappen lassen, oder ob ich im übertragenen Sinn Vogelscheuchen oder Abwehrmechanismen habe, die die kleinen aufkeimenden Wort-Samen schützen.
Es liegt an mir Gottes Wort zu hören und es auch zu verstehen suchen.
Wenn ich versuche zu verstehen, dann bin ich bereits Jüngerin und Jünger. Wenn das Wort Gottes bei mir auf guten Boden gefallen ist, dann wirkt es in mir und will weiter wachsen und dann bin ich ein Mensch, der Frucht bringt. „Lebe das, was du vom Wort Gottes, vom Evangelium verstanden hast; und sei es auch noch so wenig – aber lebe es!“ (Frère Roger aus Taize). Selbst wenn bei mir auch nur ein Viertel von Gottes Wort auf guten Boden fällt, dann wiegt dieses fruchtbringende Wort allen Misserfolg und alle vergebliche Mühe auf – es bringt Frucht für mich und für andere: 100-fach, 60-fach, 30-fach – es müssen also auch nicht 100% sein, um ein im Glauben „fruchtbarer“ Mensch zu sein; das mir Mögliche soll ich leben. Solche fruchtbaren Menschen und Mitarbeiter braucht eine lebendige Pfarrgemeinde und solche engagierten Menschen und ehrenamtlichen Mitarbeiter hat sie auch: euch Ministranten, die Jugendgruppe, die Lektoren und Mesner, die Sekretärin, die Ordensschwestern und Wort-Gottesdienst-Beauftragte, die Pfarrgemeinde- und Kirchenräte, die vielen anpackenden und helfenden Hände, wo immer Not am Mann oder an der Frau ist.

Trotz guter Ernte ist immer Zeit der Aussaat – für Sie, die Ehrenamtlichen, und auch für uns Priester. Immer gilt es stellvertretend für Gott Sämann für Gottes Wort zu sein, brachliegendes Land neu zu beackern und als Gärtnerin den Samen des Evangeliums auszustreuen, auch wenn der Boden hart ist und möglicherweise nicht den gewünschten Ertrag bringt. Wir müssen die Aussaat trotzdem wagen, denn nur so kann Gottes Wort bei uns und unseren Mitmenschen ankommen, nur so kann es wachsen und immer neu reiche Frucht bringen – Ihr alle seid der beste Beweis dafür.   Amen.

Lied-Links zur Vertiefung:
– Geh aus mein Herz in „Corona-gerechter-Singweise“ mit dem Corona Virtual Choir: https://www.youtube.com/watch?v=kpgw1b4Md54
– Zusammenwachsen – zusammen wachsen: https://www.youtube.com/watch?v=SqBoGZ9fYME

PREDIGT 13. So. i. JK (A)

2 Kön 4,8-11.14-16 + Mt 10,37-42

Liebe Schwestern und Brüder!

Gastfreundschaft: eine Einladung, eine offene Tür, ein herzliches Will-kommen, gutes Essen, nette Gespräche – Menschen und Beziehungen, die Heimat geben und Geborgenheit. Der Wohnraum und die Schlafstät-te, die Elischa, angeboten bekommt, sind Ausdruck dieser Gastfreund-schaft – eines Lebens in guten und gelingenden Beziehungen und auch der dafür notwendige Rückzugsort, um als „Gottesmann“ Nähe und Dis-tanz mit und zu anderen Menschen zu leben.
Es geht um Menschliches, ja existentielles – nicht nur für Gottesmänner und Ordensfrauen, sondern für jedermann und jede Frau: Um für andere Menschen da sein zu können, braucht es unter anderem ausreichend Schlaf, Erholungszeiten und Wohlfühlräume, Kraftorte, die auch Orte des Gebets sein können. Lebensqualität und Beziehungsqualität hängen entscheidend von solchen Orten ab, aber nicht nur.
Bei mir sind es meine Eltern, die Familie, Freunde und auch die Menschen hier – bei Elischa ist es eine Frau (und im Hintergrund) ihr Mann, die Eli-scha gut tun, die Heimat für ihn sind – Lebens- und Beziehungsqualität damit Elischa sich ganz auf Gott hin ausrichten und für die Menschen da sein kann. Heimat ist damit nicht nur der Ort, wo ein Mensch herkommt, sondern v.a. der Ort, wo ein Mensch sich wohlfühlt, ja zu Hause ist.
Immer wieder sonntags kommen wir hier im Gotteshaus zusammen und feiern Gemeinschaft mit Jesus Christus und untereinander – und wir vermissen schmerzlich all diejenigen, die nicht (mehr) kommen (können) oder aufgrund von Corona noch nicht kommen wollen. Diese Begegnung ist wichtig, weil sie Heimat ist. Das Beten und Singen ist Ausdruck einer lebendigen und gelebten Christusbeziehung, gemeinsam im Gotteshaus oder privat daheim am eigenen Gebetsort.
Jesus legt es uns im heutigen Evangelium mit mahnenden Worten ans Herz: Wer seine Familie mehr liebt als mich, der ist meiner nicht wert (Mt 10,37) – ein hartes Wort, aber bei weitem nicht so radikal wie andere Je-susworte, die vom „Verlassen der Familie“ sprechen. Im heutigen Evange-lium sagt Jesus nicht, dass ein Mensch in der Nachfolge Jesu beziehungs-los leben soll – nein, Familien- und Freundschaftsbeziehungen sollen ge-lebt werden – sie sollen aber genügend Raum und Zeit lassen für Jesus Christus. Diese Christus-Beziehung gilt es als Priester, als Ordensfrau und auch als Christ mitten im Alltag zu leben und den Menschen zu zeigen.
Es kommt auf mich als Mensch an: ich kann das entscheiden, wie ich Be-ziehungen gestalte und lebe – in der Offenheit für die Menschen und ihre Sorgen und Freuden, in der Offenheit für mich und meine Bedürfnisse nach Geborgenheit und Nähe, in der Offenheit für Jesus Christus und sein Evangelium. Wieder geht es um die Frage der Lebensqualität und Bezie-hungsqualität: Wie finde ich das Leben – bzw. wie es in der Vorgänger-
übersetzung heißt – wie gewinne ich das Leben; wie bleiben diese Bezie-hungen zu mir, zu den Mitmenschen und zu Jesus Christus lebendig und am Leben, trotz Corona, trotz Veränderung am Arbeitsplatz, trotz mehr Arbeit? Oft sparen Menschen – auch ich als Priester – als erstes am Gebet und an der Christusbeziehung; das merkt ja keiner, ob ich bete…
Aber auch ich brauche Zeiten der Ruhe. Ich brauche Zeit, um über Gott, über mich und über meine Mitmenschen nachzudenken. „Je mehr ein Priester zu tun hat, desto mehr braucht er Zeit für Christus. Zeit für IHN ist auch Zeit für die Menschen“, schrieb Bischof Klaus Hemmerle. Zeit für Gott ist auch Seelsorge für die Menschen und ihre Sorgen – Zeit, all das vor Gott zu bringen, was alleine nicht zu schaffen und zu (er-)tragen ist. Zeit für Gott ist auch Seelsorge für sich selbst durch die Stärkung im Ge-bet für die seelsorgliche und tatkräftige Begleitung der Menschen.
Das (eigene!) Kreuz soll ich in Liebe annehmen; Ihm, Jesus Christus soll ich gleichförmig und ähnlich werden, auch in der Kreuzesnachfolge – und auch offen sein für die Kreuze und Kreuzwege meiner Mitmenschen und für ihren Durst nach Leben: Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Men-schen sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi, so sagt es die Pastoralkonstitution Gaudium et spes – auch angesichts des eigenen Kreuzes soll ich offen für meine Mitmitmenschen sein; für das, was sie bewegt und umtreibt. Wichtig ist, nicht das Kreuz beiseitezuschieben oder zu verharmlosen, sondern das eigene Kreuz zu tragen und das der an-deren zu (er-)tragen helfen, besonders das der Armen und Schwachen, die sonst keinen Helfer bzw. Helferin haben. Durch die Kreuze unserer Mit-menschen, durch das Kreuz und durch die Beziehung zum Gekreuzigten hindurch zum Leben – das ist der Weg der Nachfolge Christi. AMEN.

PREDIGT 12. So. i. JK (A)

Jer 20,10-13 + Mt 10,26-33

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Kinder, liebe Jugendliche!
„Verkauft man nicht zwei Spatzen für einen Pfennig? Und doch fällt keiner von ihnen zur Erde ohne den Willen eures Vaters. Bei euch aber sind sogar die Haare auf dem Kopf alle gezählt. Fürchtet euch also nicht!“ (Mt 10,29-31) Es ist wahr: Kein Spatz fällt vom Himmel ohne den Willen Gottes. Es ist wahr: Grundlage unseres Glaubens ist, dass Gott ein guter Gott ist, der es gut mit uns meint. Es ist wahr: Die Botschaft des Evange-liums lautet „Fürchtet euch also nicht!“ – Aber es ist damit nicht gesagt, dass mein Leben deshalb angenehmer ist, dass die Zweifel schwinden, dass all überall Frieden und eitel Sonnenschein herrschen.
Nicht ohne Grund ist dieser Sorglosigkeit ein anderes „Fürchtet euch nicht“ vorangestellt: „Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, die Seele aber nicht töten können; sondern fürchtet euch eher vor dem, der Seele und Leib in der Hölle verderben kann“ (Mt 10,28). Es geht hier nicht um Angstmache sondern um Gottesfurcht, um die Ehrfurcht vor dem, der Herr ist über Leben und Tod; es geht um Gott, genauer gesagt um den allmächtigen Gott, der Leib und Seele in der Hand hält – der uns fallen lassen kann, wenn er es will. Mein Vertrauen in Gottes gute Ab-sichten wird auf die Probe gestellt. Mir geht es dabei nicht besser als dem Gekreuzigten – dem Lukas die Worte in den Mund legt: „Herr, auf dich vertraue ich. In deine Hände lege ich mein Leben“ (vgl. Lk 23,46). Was das heutige Evangelium über Gott und die Welt zu sagen hat, ist die Nähe Gottes, die die Grundlage für mein Vertrauen sein kann.
Vertrauen auf die Nähe Gottes meint nicht, dass alles gut wird und dass am Ende immer ein happy end winkt. Dieses Vertrauen in Gott ist kein Betäubungsmittel, das alles nur halb so schlimm erschein lässt. Nein, Vertrauen in Gott meint, dass mich nichts trennen kann von Gott und seiner Liebe (vgl. Röm 8,35-39), dass er selbst in der gefühlten Gottverlas-senheit des Kreuzes da ist. Er hilft Jesus nicht an Kreuz und Leiden vor-bei, sondern durch Kreuz und Leid hindurch zum Leben.
Gott lässt uns nicht fallen, er sorgt sich um mich und mein Leben, das viel „mehr wert als viele Spatzen“ (Mt 10,31) ist. Gott ist an meiner Seite, aber er bedrängt mich nicht. So richtig kann ich mir das gar nicht vorstellen, was das bedeutet, einem Menschen immer an der Seite zu stehen, ohne an sich selbst zu denken. Bestenfalls gibt es in meinem Leben Au-genblicke der Selbstvergessenheit – Momente, in denen ich fast schon instinktiv für andere da bin. Mein liebevolles Dasein für andere bricht sich immer an der Sorge um mein eigenes Leben, das ist Fakt, da kann ich nicht aus meiner Haut. Aber immer und nur für andere da zu sein, das kann ich nicht, das geht über meine Kräfte – das kann nur Gott. Er ist da, auch wenn ich ihn nicht sehe oder sein Eingreifen nicht spüre. Aber meine Lebenswelt ist nicht das große Marionettentheater Gottes, in dem er letztlich alle Fäden zieht. Und doch hält die Schrift daran fest, dass nichts ohne Gottes Gegenwart und gegen seinen Willen geschieht.
Und gerade das ist das für mich so Unbegreifliche dieser Gegenwart Gottes:
dass Gott zulässt. Wo ich dem anderen, der meine Pläne durchkreuzt,
schon längst Grenzen gesetzt und meine Pläne (notfalls auch mit Gewalt)
verteidigt und durchgesetzt hätte, da lässt Gott zu, da greift er nicht ein.
Das macht mich sprachlos. Ich kann nur schwer verstehen, dass Gott all
das Leid, den Hunger und die Kriege in der Welt zulässt… Das macht
mich sprachlos. Aber in der Heilige Schrift offenbart mir Jesus, wer und
wie Gott ist: „Gott ist Liebe“ (1 Joh 4,16b), die Hingabe der Liebe. Wie
Gott die Welt geschaffen hat – aus Liebe – so schafft er auch uns Menschen,
und gibt uns unser eigenes Leben. Aus Liebe verzichtet er auf die
All-Kontrolle seines Werkes; er liefert sich aus, gibt sich hin. Das ist liebende
Allwissenheit und Allmacht Gottes: Es gibt keinen Spatz oder
Sperling auf dieser Welt, um den Gott nicht weiß und in dem sich Gott,
der Schöpfer, nicht hingibt. Um wieviel mehr dann nicht für uns?
Weiß also Gott, wann die Corona-Pandemie ganz überwunden ist – ob jemals alles wieder sein wird, sein kann oder sein muss wie vorher. Eines
aber ist gewiss: Er weiß um mich – und in meinem Leben sitzt Gott nicht
auf der Zuschauertribüne, sondern er spielt ein große Rolle, er spielt aktiv
mit auf der Seite der Menschen – auf der Seite jedes Menschen. AMEN.

Wochenimpuls

Liebe Freunde und Bekannte!

Das Herz – Mitte des Menschen
Das Herz – pulsierendes Leben
Das Herz – Zeichen der Liebe

In diesen Tagen geht es ums Herz – gestern das Herz-Jesu-Fest, heute der Gedenktag des unbefleckten Herzens Mariens.

Gott ist Liebe.
Er liebt seine Schöpfung und seine Geschöpfe – er hat ein Herz für die Menschen.
Jesus Christus ist dieses Herz. In hm vereinen sich Himmel und Erde, Gott- und Menschsein, göttliche und menschliche Liebe (griech: Agape, die alles übersteigende Liebe, und Philia, die Freundschaft).
Jesus Christus zeigt uns die Liebe Gottes, er zeigt uns die Liebe des Vaters.
Er hat das Herz am „rechten Fleck“ – und das obwohl unser menschliches Herz in der linken Körperhälfte schlägt.
Bei den meisten Darstellungen des Gekreuzigten ist die Seitenwunde Jesu auf der rechten Seite…
Hat Jesus Christus etwa einen „Herzfehler“, oder haben Künstler über Jahrhunderte etwas falsch gemacht?
Schauen Sie doch einmal die Kreuze in ihrer Wohnung und an ihrem Gebetsort an…

In Gebeten und Meditationen vor Kreuzen und Darstellungen des Gekreuzigten ist mir vor Jahren folgender Gedanke in den Sinn gekommen – er begleitet mich seitdem.
Wenn ich als Gegenüber das Herz links habe und Jesus rechts, dann geht Herz auf Herz – es ist die Begegnung der Herzen im Gebet, in der Meditation – dann kommt mein unruhiges Herz zur Ruhe und nähert sich dem Herzschlag Jesu an. Dann verschmelzen die Herzen und mein Herz wird entzündet vom Feuer der göttlichen Liebe, angesteckt und entflammt. Diese brennende Liebe soll ich im Leben weiterschenken und andere Menschen „entzünden“.
„Maria bewahrte alles in ihrem Herzen und dachte darüber nach“, heißt es im heutigen Evangelium. Das, was sie an göttlicher Liebe geschenkt bekommen hat, hat sie sich zu Herzen genommen. Sie hat aus dieser Liebe gelebt und in menschlicher Liebe geantwortet.

Mit diesen Gedanken grüße ich sie mit dem Gebetsruf des Herz-Jesu-Freitags: „Jesus gütig und demütig von Herzen, bilde unser Herz nach deinem Herzen.“



PREDIGT 11. So. i. JK (A)

Ex 19,2-6 + Mt 10,26-33

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Kinder, liebe Jugendliche!
Gott kann mir gestohlen bleiben: Ich bin dankbar, dass mir mein Glaube abhandengekommen ist; dankbar, dass andere mir eigeredet haben, „oh-ne Gott lebt sich’s leichter“ und mich meines Glaubens beraubt haben; dankbar, dass ich Gott einfach fallengelassen und längst aufgegeben ha-be. Ich kann doch gut ohne Gott leben und habe dann auch mehr Zeit für mich. Helfen kann Gott mir sowieso nicht… – Denkweisen unserer Tage.
Ob Gott auch so von uns denkt? Die Menschen können mir gestohlen bleiben; die sind mir alle egal. Sollen sie doch machen, was sie wollen…
Gott denkt und handelt anders, denn er ist ein fürsorglicher Gott. Als einzelner Mensch und als Teil des Volkes Gottes bin ich ihm wichtig. Er sieht die Sorgen und Nöte der Menschen und er greift ein – nicht wie wir es wollen, sondern auf seine Weise: manchmal ganz unscheinbar durch andere Menschen und manchmal wunderbar und staunenswert. Die heu-tige Lesung drückt das „unsichtbare aber spürbare Eingreifen Gottes“ in einem Bild aus: „wie auf Adlerflügeln habe ich euch getragen“ (vgl. Ex 19,4). Oft spüre ich genau das Gegenteil: da bin ich am Boden, komme scheinbar nicht vorwärts bin verstrickt und gefangen in den Sorgen des Alltags. Erst in der Rückschau im Rückblick auf solche durchlebten und durchlittenen Phasen wird klar, auch da war Gott bei mir, hat mich ge-tragen und geführt – nicht „wie im Flug“ über diese Zeit hinweg, son-dern unerkannt mitgehend und begleitend durch diese Zeit und Situation hindurch. Die Lesung benennt einen derartigen Rückblick und verweist auf ein auf das „Ihr habt gesehen, was damals war: wie auf Adlerflügeln habe ich euch getragen“ (vgl. Ex 19,4). Solche Rückblicke im Leben sind wichtig, um Gottes Spuren in meinem Leben zu entdecken; zu sehen, dass er es gut mit mir meint. Ich nehme mir immer wieder Zeit dafür: am Abend eines langen Tages, nach einer arbeitsintensiven Woche, in Zeiten der Trauer und Trostlosigkeit. Ich spüre dann der Tragkraft meines Glaubens, des christlichen Glaubens, nach und werde einfühlsam und dankbar dafür, wo ich von Gott getragen wurde.
Ebenso wichtig wie der Rückblick ist der Ausblick – getragen wie von Adlerflügeln, schenkt uns Gott immer wieder den Überblick über mein Leben, damit ich den Sinn des Lebens und das Ziel meines Glaubens nicht aus den Augen verlieren: „Ihr werdet unter allen Völkern mein be-sonderes Eigentum sein; […] ihr sollt mir als ein Königreich von Pries-tern und als ein heiliges Volk gehören.“(vgl. Ex 19,5-6). Was für eine Be-rufung: Gott trennt sich nicht von uns, sondern will eine ganz intensive Beziehung und Bindung mit uns eingehen, einen Bund mit uns. Wir sind etwas Besonderes für ihn: ein Königreich von Priestern – und damit sind wir alle gemeint! Als Christen wurde uns in unserer Taufe diese Würde zuteil: jeder Mann und jede Frau, jedes Kind ist gesalbt zum Priester, König und Propheten und gehört als Gesalbter, als Christ, so zum Volk Gottes: „Wir sind sein Volk und die Herde seiner Weide“ (Ps 100), heißt es im Psalm 100. Gott ist unser Hirt: als der gute Hirte sorgt er für uns – auf seine Weise und nicht immer wie wir das gerne hätten.
Als menschgewordener Gottessohn setzt Jesus sich für die Menschen in ih-ren Nöten ein. Er sagt, er sei aus Gott gekommen um die Berufung Israels zu erfüllen und zu vollenden, ein priesterliches Volk zu sein, damit alle er-fahren können, dass Gott den Menschen nahe ist, dass er sie führt und nicht verführt, dass er sie nicht in Irre leitet, weil er der gute Hirt ist. Damit diese Fürsorge Gottes spürbar und sichtbar wird, setzt er Helfer ein, Gesandte, Apostel, einfache Leute wie du und ich und ganz verschieden: Fischer und Zöllner, Leute die ganz in der Tradition der hebräischen Kultur zu Hause sind, und solche, die geprägt sind von der Weite und Offenheit der griechi-schen Kultur im Römischen Reich. Jesus sendet sie in die Lebenswüste, die Erschöpfung und Müdigkeit der Menschen, zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel; wie Hirten sollen für sie da sein, sie stärken und aufrichten, sie tragen „wie auf Adlerflügeln“. Da gibt es viel zu tun, auch heute: „Die Ernte ist groß, aber es gibt nur wenig Arbeiter. Bittet also den Herrn der Ernte, Arbeiter für seine Ernte auszusenden“ (Mt 9,37-38). Arbeiter sind nicht nur die Priester – ein priesterliches Volk sind wir alle. Wir alle sind berufen, uns senden zu lassen, als Arbeiterinnen und Arbeiter in seine Ern-te, als Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des guten Hirten. AMEN.

und noch zwei Lieder zur Vertiefung:
– Wie von Flügeln getragen: https://www.youtube.com/watch?v=NK3sXGaG3-I
– Spuren im Sand: https://www.youtube.com/watch?v=NX4iPFU82lk

PREDIGT Fronleichnam (A)

1 Kor 10,16-17 + Joh 6,51-58

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Kinder, liebe Jugendliche!
„Black lives matter – (auch) schwarze Leben zählen“, dieser Satz ist seit dem Tod des Schwarzen George Floyd nach einem brutalen Polizeieinsatz in aller Munde. Als Christen sagen wir, ja das stimmt: „Black lives matter – (auch) schwarze Leben zählen“ – ja wir sagen aus tiefster Überzeugung: „All lives matter – jedes Leben zählt“ und zwar unabhängig von Geschlecht, unabhängig von Hautfarbe oder Religion, unabhängig von Alter, Gesundheit, Krankheit oder Behinderung. „All lives matter – jedes Leben zählt“, weil es lebens- und liebenswert ist – immer. Jedes Leben zählt um des Lebens Willen und um Gottes Willen, der hinter jedem Le-ben steht und ein Freund des Lebens ist – genau das feiern wir heute:
Ich bin das lebendige Brot (Joh 6,51), sagt Jesus von sich. Durch diese Aussage wird deutlich, was Jesus für uns sein will: Er will für uns das Leben sein; er gibt sein Leben für uns hin, damit wir leben. Er ist somit Lebensmittel – Mittel zum Leben – und Lebensmitte – Mitte unseres Lebens und Glaubens: Jesus will für uns Nahrung sein: durch seine Bot-schaft vom Himmlischen Vater, die wir in uns aufnehmen und verkosten dürfen; und durch die Speise der Eucharistie: Er, Jesus Christus, das menschgewordene Wort des Vaters, gibt sich hinein in die Gaben von Brot und Wein – Mitte des Lebens und Geheimnis des Glaubens.
Empfangt, was ihr seid: Leib Christi. Damit Ihr werdet, was Ihr emp-fangt: Leib Christi. (Augustinus). Wir empfangen den Leib Christi bei der Kommunion. Wir haben intensive Gemeinschaft mit Jesus Christus –
und wir haben intensive Gemeinschaft miteinander. Jesus Christus schenkt und diese Gemeinschaft, indem er sich brechen und verteilen lässt – im geteilten und verteilten Brot, teilt er sich uns mit und teilt sich aus. Durch den Leib Christi sind und werden wir Leib Christi, Gemeinschaft von Christinnen und Christen, Kirche – und da gehört jede und jeder da-zu, der durch die Taufe in diesen lebendigen Leib Christi aufgenommen wurde, jede und jeder ohne Unterschied. Die Aussage des Priesters und des Kommunionhelfers bei der Kommunionspendung ist also eine dop-pelte: Der Leib Christi verweist auf Jesus Christus, der im Brot gegenwär-tig ist, und der Leib Christi fordert den, der die Kommunion empfängt, sich als Leib Christi zu verstehen. Dazu sagen wir Ja und Amen.
Ein Brot ist es, darum sind wir viele ein Leib (1 Kor 10,17) Wir sind eins in Jesus Christus – eins trotz mancher Unterschiede – ein Leib – eine Kirche – ein Brot, das aus vielen Körnern eins wurde. Für mich als Priester ist das sichtbar: bei der kleinen eucharistischen Prozession nach der Ausset-zung trage ich die Monstranz, das Zeigegefäß mit dem Leib Christi darin. Durch ein kleines Fenster sehe ich diesen Leib Christi, gegenwärtig im Brot, in der gezeigten Hostie – und durch dieses kleine Fenster sehe ich auch Sie, die verschiedenen Menschen, Männer und Frauen, die diesen lebendigen Leib Christi bilden, die Kirche sind. Für mich ist das immer sehr bewegend, beides zu sehen: einerseits das lebendige Brot, Jesus Christus, den wir heute sichtbar in unsere Mitte nehmen und – unter ande-ren Umständen – auch durch die Straßen unseres Lebens tragen würden – und andererseits uns, die wir uns um diese Mitte, um Jesus Christus, ver-sammeln, unser Leben und unseren Glauben auf ihn ausrichten und so immer mehr werden, was wir sind: lebendiger Leib des Herrn. AMEN

Und noch drei Liedlinks:
– Pange Lingua (mit Tantum ergo): https://www.youtube.com/watch?v=DnrOwiYqTcc&list=RDr3H5f7oePQE&index=13
– Anima Christi: https://www.youtube.com/watch?v=phGDR9y912s
– Panis angelius: https://www.youtube.com/watch?v=tufbM2TJoBs

Ihnen und Euch allen + Gottes Segen!

Dieter G. Jung

Pfarradministrator im Katholischen Seelsorgebereich Hofer Land
zuständig für Schwarzenbach a. d. Saale – Oberkotzau – Rehau

 

SONNTAGSIMPULS 07.06.

Liebe Freunde und Bekannte,

an der Schwelle zur neuen Woche hier der Tagesimpuls zum Dreifaltigkeitsfest.

Gott ist dreifaltig einer. „Als Priester musst du das ja sagen. Aber glaubst du das auch?“, werde ich oft gefragt. Ich verweise die Fragenden dann gern auf das eigene Leben, wo es ganz selbstverständlich ist, verschiedene Rollen auszufüllen.
Ich bin Schüler, Rentner oder stehe im Beruf, habe eine bestimmte Rolle und verhalte mich dementsprechend: da bin ich Chef, Befehlsempfänger, oder geschätzter Kollege;
es ödet mich alles an; ich freue mich auf die Ferien oder genieße den wohlverdienten Ruhe-stand. Daheim, eingebunden in der Familie bin ich anders und doch derselbe.
Ich stehe im Leben in verschiedenen Rollen und sie spannen einen Raum auf, meinen Lebensraum, das was mein Leben ausmacht. Als Mensch kann ich nicht aus meiner Haut.
Sie hält mich und meinen Körper zusammen, bildet meine Einheit als Mensch. Angesichts der vielen Gestaltungsmöglichkeiten und Rollenangebote und -zwänge im Leben läuft mein Leben Gefahr, sich in dieser Vielfalt selbst zu verlieren.
Es ist meine tiefe Sehnsucht eins zu sein, bei mir zu sein, ich zu sein.

Gott ist dreifaltig einer – Gott Vater und Gott Sohn und Gott Heiliger Geist. „Ein Gott in drei Personen“ meint nicht etwa drei Götter, sondern drei Rollen, die der eine Gott wesenhaft einnimmt.
Die drei göttlichen Personen bilden bei aller Verschiedenheit zugleich eine Einheit. Dieses „zugleich“ ist nur schwer zu begreifen und noch schwieriger ins Bild zu setzen.
Daher wird der eine Gott oft in „drei Personen“ dargestellt, so auch am Gößweinsteiner Gnadenbild. Dass diese drei Personen eins sind, wird deutlich durch den Schrein aus Gold und Glas, der sie umgibt.
Die Dreieinigkeit spannt somit in ihrer Verschiedenheit und gleichzeitiger Einheit einen Raum auf, einen Lebensraum, einen Raum göttlichen Lebens:
„Die Gnade des Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes [des Vaters] und die Gemeinschaft des heiligen Geistes“ (2 Kor 13,13).
Doch dieser Lebensraum des dreieinen Gottes ist nicht fern – er ist uns zu gesagt: Dir und Dir und Ihnen und … Paulus sagt ihn der Gemeinde von Korinth und damit auch uns und unserer Gemeinde zu:
„Die Gnade des Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes [des Vaters] und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit euch allen!“ (vgl. 2 Kor 13,13)
Das meint doch: dieser Lebensraum Gottes ist uns heute zugesagt – in ihm leben wir, bewegen wir uns und sind wir: Ich stehe in der Gnade, in der Liebe und in der Gemeinschaft des dreifaltig-einen Gottes.
Diese Gnade kann ich mir nicht verdienen, diese Liebe kann ich nicht kaufen, diese Gemeinschaft kann ich nicht machen, sie wird mir geschenkt. Ich kann darauf nur antworten durch mein Leben, durch die Liebe für andere und im Glauben.

Gott ist dreifaltig einer – dass das möglich ist, das Leben zu leben, das der dreifaltig-eine Gott mir eröffnet, zeigt die vierte Person im Gößweinsteiner Gnadenbild:
ganz in der Mitte, inmitten der Dreifaltigkeit kniet Maria. Sie lebte als Mensch aus dem Glauben, aus der Gemeinschaft mit Gott. Sie vertraute der gnadenhaften Verheißung, Mutter Gottes zu sein, und sprach Ihr JA als Antwort darauf.
Im Gößweinsteiner Gnadenbild ist die Krönung Mariens dargestellt – nach ihrem Tod ist sie als erster der Menschen aufgenommen in die ewige Liebe des dreifaltig-einen Gottes.
Maria als Jungfrau und Mutter, als zunächst Zweifelnde und dann doch Glaubende, als in der Not der Brautleute Bittende und als unter dem Kreuz ihres sterbenden Sohnes Stehende,
lebte und durchlebte verschiedene Rollen und Phasen ihres Lebens und war doch eins – eins mit Gott und nah bei den Menschen.
Maria ist so ein lebendiges Vorbild für mich, mein vielfältiges Leben auf den dreifaltigen Gott auszurichten und in dem Lebensraum der Gnade, den er mit eröffnet, zu leben: in Freund und Leid, bei Hochzeit und Geburt, bei Krankheit und Tod.
Diese Spannung des vielfältigen Lebens kann ich manchmal vor Glück kaum aushalten und manchmal auch nur unter Schmerzen ertragen.
Aber ich kann es ertragen und aushalten, weil ich in der Liebe des dreifaltig-einen Gottes gehalten bin – einer Liebe, die mich trotz meiner inneren Zerrissenheit und der vielen Rollen,
die ich einnehme, zusammenhält und eins sein lässt – einer Liebe, die Haltung und Gehaltensein schenkt, im Leben, im Tod und über den Tod hinaus.  AMEN.

Ihnen/Euch eine gute Woche und + guttes Segen
Dieter G. Jung


PREDIGT Pfingstsonntag (A)

Apg 2,1-11 + 1 Kor 12,3b-7.12-13 + Joh 20,19-23

Liebe Schwestern und Brüder! Ihnen allen: Herzlichen Glückwunsch – herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag!

Wir feiern heute am Pfingstfest den Geburtstag der Kirche. Unsere Glaubensgemeinschaft ist in die Jahre gekommen und schon fast 2000 Jahre alt – manchmal merkt man das der „Grand Dame“ auch an: sie kommt beim immer rasanteren Fortschritt aus der Puste – in vielen Fragen hinkt sie merklich ihrer Zeit hinterher. Missbrauchsskandale und Verschleppung von Aufbrüchen wirken nicht gerade anziehend – viele laufen davon. Unsere altersschwache Kirche hätte eine Frischzellenkur nötig, um auch in Zukunft lebendig zu bleiben – aber gerade bei uns in Europa breitet sich eine Glaubens- und Gotteskrise immer stärker aus: Glaubenswissen, Interesse an der Kirche, Gottesdienstbesuch und Berufungen gehen zurück – noch ist der Puls einigermaßen stabil und Wiederbelebungsmaßnahmen mussten noch nicht eingeleitet werden.

Heute feiern wir Geburtstag, unseren Geburtstag. Da ist es ganz schön mutig, diesen kritischen Blick in den Spiegel zu wagen: Es nutzt nichts beim Alter zu schummeln oder über Schönheitsfehler, Gebrechen oder Mängel hinwegzusehen. Nur wenn wir als Kirche offen und ehrlich miteinander und mit der Institution Kirche umgehen, können durch diese Diagnose auch Mittel für neue Lebendigkeit und Glaubensfreude gefunden werden. Das Rezept, das uns Gott uns und seiner Kirche verordnet hat, ist der Heilige Geist – es ist sein Geburtstagsgeschenk an uns.

Wie es zum Geburtstag üblich ist, will ich nicht jammern, sondern mich trotz allem freuen und meine Glückwünsche an die Kirche und an uns übermitteln. Es sind Wünsche und Bitten um den Heiligen Geist, die dem alten Pfingsthymnus Veni Creator Spiritus entnommen sind:

Mein erster Wunsch: Komm, heilger Geist, der Leben schafft, erfülle uns mit deiner Kraft. Dein Schöpferwort rief uns zum Sein: nun hauch uns Gottes Odem ein. Damit dieser Wunsch in Erfüllung gehen kann, damit der Heilige Geist uns erfüllen kann, müssen wir offen für ihn sein. Wir müssen mit dem Heiligen Geist im Leben rechnen – damit rechnen, dass er unsere eigenen Lebenspläne durchkreuzt. Das Wirken des Heiligen Geistes ist nicht zerstörerisch – es baut vielmehr auf: Es ist der Atem des guten Schöpfergottes – erneuerbare Energie, die uns tagtäglich erneuert und uns Kraft zum Leben gibt: Lebensenergie, die von Gott kommt. Es gibt so vieles im Leben worauf wir unsere Energie verschwenden, und Dinge die uns angeblich glücklich machen sollen – jede Woche geben unzählige Illustrierte Tipps dazu. Doch wirkliche Lebensenergie kommt von Gott. Wenn wir also bitten: Komm, heilger Geist, der Leben schafft, dann sind wir zur Energiewende bereit: Wir wollen uns ganz auf Gott und das Wirken des Heiligen Geistes ausrichten. Nur durch diese Energiewende wird unser Leben geistreich und kraftvoll.

Mein zweiter Wunsch: Komm, Tröster, der die Herzen lenkt, du Beistand den der Vater schenkt, aus dir strömt Leben, Licht und Glut, du gibst uns Schwachen Kraft und Mut. Lebensenergie für uns schwache, sündige Menschen – das will uns Gott schenken. Er will uns erneuern von innen her. Die Hinwendung an den Beistand, den Heiligen Geist, macht uns Mut, gibt uns die Führung und den Schutz Gottes. Trost und neue Zuversicht, Hoffung aus dem Glauben sind möglich, wenn wir uns auf Gott und das Wirken des Heiligen Geistes in unserer Welt verlassen. Denn wenn wir alles selber machen wollen, dann sind wir bald von allen guten Geistern verlassen. Der Heilige Geist ist ein Geschenk, das uns die Richtung zeigt: zu Gott und zu den Menschen. Lebenskraft aus dem Glauben gerade in schweren Corona-Zeiten, in Krankheit und Leiden.

Mein dritter Wunsch: Entflamme Sinne und Gemüt, das Liebe unser Herz durchglüht und unser schwaches Fleisch und Blut in deiner Kraft das Gute tut. Gottes Heiliger Geist, den Jesus Christus den Aposteln und auch uns verheißen hat, ist Feuer für das Leben – Feuer, das uns reinigt, das in uns wegbrennt, was schlecht und Böse ist. Gottes Geist ist wie dieses stürmische Feuer, das die Apostel in Sturm und Feuer empfangen haben: Sturm, der wachrüttelt und frische Luft zum Atmen gibt – Feuer, das leuchtet und den mutlosen Jüngern neue Kraft und Mut verleit. Das göttliche Feuer, der Heilige Geist, der mutig macht: Die Jünger öffneten die verschlossenen Türen und Lippen und verkündeten die unglaubliche Frohe Botschaft, das Evangelium von Leben, Tod und Auferstehung Jesu und seiner Botschaft vom Reicht Gottes. Mit Feuereifer und Begeisterung verkündeten sie dies in allen Sprachen der Welt. Und heute?

Durch Taufe und Firmung haben wir Christen die Gaben des Heiligen Geistes und damit die Aufgabe, diese im Heute umzusetzen. Das Pfingstfest will dazu ermutigen: Begeisterung, die uns bewegen will, verschlossene Türen zu öffnen und frischen Wind in unsere Kirchen zu lassen. Wir sollen uns bestürmen lassen vom Heiligen Geist, der Feuer in unsere Herzen und auf unsere Zunge legt. Er ist es auch, der uns Feuer unterm Hintern macht, dass wir begeistert hinausgehen und mit brennender Leidenschaft von ihm erzählen in unserer Sprache und unseren Worten.

Und als vertiefender Liedlink: https://www.youtube.com/watch?v=o98ok9tNkAY

PREDIGT 7. Sonntag Osterzeit LJ A

Apg 1,12-14 + Joh 17,1-11a

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Kinder, liebe Jugendliche!

Jetzt ist Er weg, weg – und wir sind wieder allein, allein. Jetzt ist Er weg, weg – so ein leicht abgewandelter Titel der Fantastischen Vier. Jetzt ist Er weg: mit seiner Himmelfahrt hat sich Jesus Christus den Blicken der Jüngerinnen und Jünger entzogen. Jetzt ist Er weg: über vierzig Tage ist der auferstandene Gekreuzigte ihnen immer wieder erschienen, ist in die Verschlossenheit und Traurigkeit ihres Lebens gekommen und hat ihnen den Frieden gewünscht, ist auf sie zugegangen und hat sich begreifen lassen, damit sie nicht nur mit den Augen sehen, sondern mit gläubigen Herzen begreifen: Jesus lebt, er ist auferstanden – dies zu glauben, geht nicht von heute auf morgen, es braucht Zeit und es braucht Begegnungen, die ins Nachdenken und zum Glauben führen. Jetzt ist Er weg und wir sind wieder allein, allein, denken die Jünger. Den Beistand hat Er zwar versprochen, aber da ist er noch nicht, so denken die Jünger. Sie kehren vom Ölberg, dem Ort der Himmelfahrt, zurück nach Jerusalem schließen sich ein – vieles kommt hoch in dieser Zwischenzeit.

Auch ich lebe zwischen dem weg und noch nicht daZwischenzeit. Gewohntes bricht weg – Neues ist noch nicht da. Corona verändert – Zwischenzeit. Der „Normalzustand“ ist noch nicht erreicht – auch wenn wir den gerne schon wieder hätten. Ich muss noch auf ein Zuviel an Begegnung verzichten, auf Umarmungen, auf zu große Nähe. Dieses social distancing fällt schwer – aber immerhin ist vereinzelt Begegnung möglich und nicht „verordnete Vereinsamung“. Auch in der Schule und in den Betrieben: Zwischenzeit – die Zeit zwischen dem lockdown und einem normalen Alltag. Auch der Sonntag ist eine Zwischenzeit – der Tag „zwischen“ den Werktagen, der Tag mit Gottesdienst und Zeit für die Familie.

In Zwischenzeiten geschieht Unscheinbares: das, wofür sonst keine Zeit ist, kommt hoch, beschäftigt mich, geht mit durch den Kopf. Oft geschieht auch Entscheidendes: Ich fühle: vieles ist im Aufbruch und Umbruch begriffen. Ich bin ratlos, weil so vieles offen und in der Schwebe ist. In diesen Zwischenzeiten denke ich viel nach: Wie kann ich mein Leben sinnvoll gestalten – für mich und Menschen, die mir wichtig sind – was liegt in meiner Hand? Wie wird es weitergehen? Was kommt auf mich zu? Zwischenzeiten sind spannende Zeiten, aber keine leichten.

Eine derartige Zwischenzeit haben auch Maria, die Jüngerinnen und Jünger erlebt: Diese Zwischenzeit ist – wie es die Lesung heute sagte – geprägt von „nur einem Sabbatweg“ (Apg 1,12). Räumlich gesehen, ein kurzer Weg vom Ölberg nach Jerusalem, aber ein weiter Weg für die Menschen in der Nachfolge Jesu: Es ist der Weg durch die Zeit zwischen der Himmelfahrt Jesu Christi und der Zeit des Heiligen Geistes – die Zeit nach dem irdischen Gott-Menschen Jesus Christus und der Zeit vor der begeisterten und Geist durchwehten Kirche. Das Wegsein Jesu ist für die Jünger eine Zumutung, gerade in dieser Zwischenzeit: Er mutet ihnen viel zu: aushalten und warten bis der Heilige Geist kommt. Da kann man und frau ja nur noch mutloser werden … Heiliger Geist.

Richten wir den Blick auf Maria, die die Wirkmacht des Heiligen Geistes bei der Menschwerdung Gottes erfahren durfte, obwohl auch sie anfangs so ihre Zweifel hatte: „Wie soll das geschehen, da ich keinen Mann erkenne?“ (Lk 1,34) Richten wir den Blick auf Maria, wie sie nach der Himmelfahrt Jesu mit dieser neuen Zumutung umgeht: Unauffällig ist sie dabei, die Mutter Jesu, mit den anderen Frauen im Kreis der Apostel. Sie stellt keine Fragen. Sie hat Gewissheit, trotz des Ungewissen dieser Zwischenzeit: Maria hat am eigenen Leib erfahren, wie Gottes Geist wirken kann. Sie war für die Jünger das Beispiel, dass göttliche Zusagen und Verkündigungen konkret lebbar sind, wenn man selbst sein JA dazu spricht. Begeisterung und das eigene Wollen sind notwendig, damit aus diesen Zumutungen Gottes Neues und Lebendiges entsteht. Diese Begeisterung, der Heilige Geist ist auch uns wie den resignierten Jüngern zugesagt: Anfangs fehlte die Zustimmung, das JA, der Jünger – vieles stand in Frage. In der Zwischenzeit ist viel passiert: ihre Einstellung hat sich geändert: „Sie alle verharrten einmütig im Gebet“ (Apg 1,14). Sie wollen sich trotz aller Ungewissheit den neuen Herausforderungen stellen. Wie Jesus vor seiner Heimkehr zum Vater betete (vgl. Joh 17,1-11a), beten auch sie. Die Jüngerinnen und Jünger warten mit Maria auf Gottes Geist, der alles belebt und lebendig macht. Sie beten um Gottes Geist für ihr Leben. Sie bitten für eine neue Lebendigkeit ihres Glaubens und ihrer Gemeinschaft mit Gott. Im Gebet und im Beten wird diese Gemeinschaft mit Gott und untereinander gestärkt – damals wie heute.   Amen.

Und drei ungewöhnliche Links/Videos:
Oh, the deep Love of Jesus: https://www.youtube.com/watch?v=KLTu1xv2-Us
Von Guten Mächten: https://www.youtube.com/watch?v=3C8v9icR6yA
J.S. Bachs AIR: https://www.youtube.com/watch?v=E100oGo8d34

 

PREDIGT Christi Himmelfahrt (A)

Apg 1,1-11 + Eph 1,17-23 + Mt 28,16-20

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Kinder und Jugendliche!

Ich stehe mit beiden Beinen auf dem Boden – auf der Erde, die mich trägt, die mir Stand und Halt gibt und festen Tritt unter den Füßen.

Mein Kopf ist in der Luft – erhoben über der Erde hat er eine neue Perspektive und den Überblick, ist er dem Himmel ein Stück näher und offen für neue Eindrücke und Gedanken.

Als Mensch bin ich Erd-verbunden und Himmel-offen – ich stehe zwischen Himmel und Erde, zwischen Freiheit und Sicherheit, zwischen Offenheit und Geborgenheit – eben Erd-verbunden und Himmel-offen.

Jesus Christus ist Erd-verbunden und Himmel-offen – Jesus war und ist verbunden mit den Menschen, wurde ein Mensch wie wir, unser Freund und Bruder, ein Menschenkind; Christus war und ist als Gottessohn offen für Gott und jetzt nach seiner Himmelfahrt eins mit Gott – er ist daheim beim Vater. Jesus Christus war, ist und bleibt wahrer Gott und wahrer Mensch. Er verbindet Himmel und Erde, in seiner Menschwerdung und seinem irdischen Leben, in seinem Sterben am Kreuz zwischen Himmel und Erde, bei seiner Himmelfahrt und seinem Leben beim Vater und bei seinem Kommen am Ende der Zeiten. Jesus Christus war, ist und bleibt Mittler zwischen Gott und uns Menschen, zwischen Himmel und Erde.

Die Schrifttexte zum Hochfest Christi Himmelfahrt machen das in ihrer Verschiedenheit deutlich; sie haben Bedeutung für uns; sie betreffen mich:

Der Auferstandene erschien zwei Frauen, die am Ostermorgen zum Grab geeilt waren – andere Begegnungen mit dem Auferstandenen erzählt der Evangelist Matthäus nicht. Im Evangelium nach Matthäus müssen sich die Jünger auf den Weg machen, um den Auferstandenen zu sehen, weg von Jerusalem und zurück in die Heimat, dorthin, wo Jesus sie in seine Nachfolge berufen hat. Das war die Botschaft Jesu an die Frauen: „Fürchtet euch nicht! Geht und sagt meinen Brüdern, sie sollen nach Galiläa gehen und dort werden sie mich sehen“ (Mt 28,10). Jesus sehen und ihm begegnen zu wollen, erfordert, sich auf den Weg zu machen, dorthin, wo der Weg mit Jesus angefangen hat. Den ersten Schritt zu wagen, zaghaft und hoffnungsvoll – kraftvoll und guten Mutes weiterzugehen bis nach Galiläa, bis zum Ursprung. Dort soll der Treffpunkt mit dem Auferstandenen sein – oben auf einem Berg. Dort sind die Jünger dem Himmel ein Stück näher: Himmel-offen und doch ganz Erd-verbunden – ganz Mensch und nahe bei Gott. Dort geschieht die Begegnung – dort, wo sich Himmel und Erde berühren, wo Gott und Mensch eins sind in Jesus Christus. Aber diese Gemeinschaft ereignet sich nicht nur auf dem Berg, sondern überall: „Siehe, ich bin mit euch alle Tage bis zum Ende der Welt.“ (Mt 28,20), sagt der Auferstandene den Jüngern. Mit dieser Zusage schickt er die Jünger zurück in den Alltag, damit auch dort die Menschen diese Gemeinschaft mit Gott und untereinander erfahren – und in die Familie Gottes und die Gemeinschaft der Glaubenden eingegliedert werden durch die Taufe.

Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da und schaut zum Himmel empor?“ (Apg 1,11). Die Antwort auf diese Frage gibt der Engel selbst: Es ist kein Tadel, kein Zurückgeworfen-Sein auf die Erde und keine Aufforderung den Kopf in den Sand zu stecken – die Apostel und wir sollen zum Himmel schauen, aber nicht wie Hans-guck-in-die-Luft und nicht wie neugierige Gaffer, sondern im „Geist der Weisheit und Offenbarung“ (Eph 1,17). „Er erleuchte die Augen eures Herzens, damit ihr versteht, zu welcher Hoffnung ihr durch ihn berufen seid, welchen Reichtum die Herrlichkeit seines Erbes den Heiligen schenkt und wie überragend groß seine Macht sich an uns, den Gläubigen, erweist durch das Wirken seiner Kraft und Stärke“ (Eph 1,18-19). Dafür gilt es offen zu sein – für diesen Himmel, der uns entgegenkommt und der die Beziehung zu und das Leben in Gott ermöglicht – und dabei mit beiden Beinen fest auf dem Boden zu stehen. Die Augen meines Herzens sehen tiefer, höher und weiter als das Sichtbare, das ich mit meinen Augen im Gesicht sehen und erahnen kann – sie sehen über das Schwere dieser Welt und dieser Corona-Zeit hinaus, ohne all das auszublenden – sie sehen das Kommende und den Kommenden, der bei uns bleibt an allen Tagen des Lebens – sie schauen auf Ihn der auf der Erde gelebt und gelitten hat, der erhöht ist und zur Rechten Gottes sitzt – sie hoffen auf Gottes Geist, der lebendig macht und neues Leben schenkt.   Amen.