PREDIGT Pfingstsonntag (A)

Apg 2,1-11 + 1 Kor 12,3b-7.12-13 + Joh 20,19-23

Liebe Schwestern und Brüder! Ihnen allen: Herzlichen Glückwunsch – herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag!

Wir feiern heute am Pfingstfest den Geburtstag der Kirche. Unsere Glaubensgemeinschaft ist in die Jahre gekommen und schon fast 2000 Jahre alt – manchmal merkt man das der „Grand Dame“ auch an: sie kommt beim immer rasanteren Fortschritt aus der Puste – in vielen Fragen hinkt sie merklich ihrer Zeit hinterher. Missbrauchsskandale und Verschleppung von Aufbrüchen wirken nicht gerade anziehend – viele laufen davon. Unsere altersschwache Kirche hätte eine Frischzellenkur nötig, um auch in Zukunft lebendig zu bleiben – aber gerade bei uns in Europa breitet sich eine Glaubens- und Gotteskrise immer stärker aus: Glaubenswissen, Interesse an der Kirche, Gottesdienstbesuch und Berufungen gehen zurück – noch ist der Puls einigermaßen stabil und Wiederbelebungsmaßnahmen mussten noch nicht eingeleitet werden.

Heute feiern wir Geburtstag, unseren Geburtstag. Da ist es ganz schön mutig, diesen kritischen Blick in den Spiegel zu wagen: Es nutzt nichts beim Alter zu schummeln oder über Schönheitsfehler, Gebrechen oder Mängel hinwegzusehen. Nur wenn wir als Kirche offen und ehrlich miteinander und mit der Institution Kirche umgehen, können durch diese Diagnose auch Mittel für neue Lebendigkeit und Glaubensfreude gefunden werden. Das Rezept, das uns Gott uns und seiner Kirche verordnet hat, ist der Heilige Geist – es ist sein Geburtstagsgeschenk an uns.

Wie es zum Geburtstag üblich ist, will ich nicht jammern, sondern mich trotz allem freuen und meine Glückwünsche an die Kirche und an uns übermitteln. Es sind Wünsche und Bitten um den Heiligen Geist, die dem alten Pfingsthymnus Veni Creator Spiritus entnommen sind:

Mein erster Wunsch: Komm, heilger Geist, der Leben schafft, erfülle uns mit deiner Kraft. Dein Schöpferwort rief uns zum Sein: nun hauch uns Gottes Odem ein. Damit dieser Wunsch in Erfüllung gehen kann, damit der Heilige Geist uns erfüllen kann, müssen wir offen für ihn sein. Wir müssen mit dem Heiligen Geist im Leben rechnen – damit rechnen, dass er unsere eigenen Lebenspläne durchkreuzt. Das Wirken des Heiligen Geistes ist nicht zerstörerisch – es baut vielmehr auf: Es ist der Atem des guten Schöpfergottes – erneuerbare Energie, die uns tagtäglich erneuert und uns Kraft zum Leben gibt: Lebensenergie, die von Gott kommt. Es gibt so vieles im Leben worauf wir unsere Energie verschwenden, und Dinge die uns angeblich glücklich machen sollen – jede Woche geben unzählige Illustrierte Tipps dazu. Doch wirkliche Lebensenergie kommt von Gott. Wenn wir also bitten: Komm, heilger Geist, der Leben schafft, dann sind wir zur Energiewende bereit: Wir wollen uns ganz auf Gott und das Wirken des Heiligen Geistes ausrichten. Nur durch diese Energiewende wird unser Leben geistreich und kraftvoll.

Mein zweiter Wunsch: Komm, Tröster, der die Herzen lenkt, du Beistand den der Vater schenkt, aus dir strömt Leben, Licht und Glut, du gibst uns Schwachen Kraft und Mut. Lebensenergie für uns schwache, sündige Menschen – das will uns Gott schenken. Er will uns erneuern von innen her. Die Hinwendung an den Beistand, den Heiligen Geist, macht uns Mut, gibt uns die Führung und den Schutz Gottes. Trost und neue Zuversicht, Hoffung aus dem Glauben sind möglich, wenn wir uns auf Gott und das Wirken des Heiligen Geistes in unserer Welt verlassen. Denn wenn wir alles selber machen wollen, dann sind wir bald von allen guten Geistern verlassen. Der Heilige Geist ist ein Geschenk, das uns die Richtung zeigt: zu Gott und zu den Menschen. Lebenskraft aus dem Glauben gerade in schweren Corona-Zeiten, in Krankheit und Leiden.

Mein dritter Wunsch: Entflamme Sinne und Gemüt, das Liebe unser Herz durchglüht und unser schwaches Fleisch und Blut in deiner Kraft das Gute tut. Gottes Heiliger Geist, den Jesus Christus den Aposteln und auch uns verheißen hat, ist Feuer für das Leben – Feuer, das uns reinigt, das in uns wegbrennt, was schlecht und Böse ist. Gottes Geist ist wie dieses stürmische Feuer, das die Apostel in Sturm und Feuer empfangen haben: Sturm, der wachrüttelt und frische Luft zum Atmen gibt – Feuer, das leuchtet und den mutlosen Jüngern neue Kraft und Mut verleit. Das göttliche Feuer, der Heilige Geist, der mutig macht: Die Jünger öffneten die verschlossenen Türen und Lippen und verkündeten die unglaubliche Frohe Botschaft, das Evangelium von Leben, Tod und Auferstehung Jesu und seiner Botschaft vom Reicht Gottes. Mit Feuereifer und Begeisterung verkündeten sie dies in allen Sprachen der Welt. Und heute?

Durch Taufe und Firmung haben wir Christen die Gaben des Heiligen Geistes und damit die Aufgabe, diese im Heute umzusetzen. Das Pfingstfest will dazu ermutigen: Begeisterung, die uns bewegen will, verschlossene Türen zu öffnen und frischen Wind in unsere Kirchen zu lassen. Wir sollen uns bestürmen lassen vom Heiligen Geist, der Feuer in unsere Herzen und auf unsere Zunge legt. Er ist es auch, der uns Feuer unterm Hintern macht, dass wir begeistert hinausgehen und mit brennender Leidenschaft von ihm erzählen in unserer Sprache und unseren Worten.

Und als vertiefender Liedlink: https://www.youtube.com/watch?v=o98ok9tNkAY