PREDIGT 13. So. i. JK (A)

2 Kön 4,8-11.14-16 + Mt 10,37-42

Liebe Schwestern und Brüder!

Gastfreundschaft: eine Einladung, eine offene Tür, ein herzliches Will-kommen, gutes Essen, nette Gespräche – Menschen und Beziehungen, die Heimat geben und Geborgenheit. Der Wohnraum und die Schlafstät-te, die Elischa, angeboten bekommt, sind Ausdruck dieser Gastfreund-schaft – eines Lebens in guten und gelingenden Beziehungen und auch der dafür notwendige Rückzugsort, um als „Gottesmann“ Nähe und Dis-tanz mit und zu anderen Menschen zu leben.
Es geht um Menschliches, ja existentielles – nicht nur für Gottesmänner und Ordensfrauen, sondern für jedermann und jede Frau: Um für andere Menschen da sein zu können, braucht es unter anderem ausreichend Schlaf, Erholungszeiten und Wohlfühlräume, Kraftorte, die auch Orte des Gebets sein können. Lebensqualität und Beziehungsqualität hängen entscheidend von solchen Orten ab, aber nicht nur.
Bei mir sind es meine Eltern, die Familie, Freunde und auch die Menschen hier – bei Elischa ist es eine Frau (und im Hintergrund) ihr Mann, die Eli-scha gut tun, die Heimat für ihn sind – Lebens- und Beziehungsqualität damit Elischa sich ganz auf Gott hin ausrichten und für die Menschen da sein kann. Heimat ist damit nicht nur der Ort, wo ein Mensch herkommt, sondern v.a. der Ort, wo ein Mensch sich wohlfühlt, ja zu Hause ist.
Immer wieder sonntags kommen wir hier im Gotteshaus zusammen und feiern Gemeinschaft mit Jesus Christus und untereinander – und wir vermissen schmerzlich all diejenigen, die nicht (mehr) kommen (können) oder aufgrund von Corona noch nicht kommen wollen. Diese Begegnung ist wichtig, weil sie Heimat ist. Das Beten und Singen ist Ausdruck einer lebendigen und gelebten Christusbeziehung, gemeinsam im Gotteshaus oder privat daheim am eigenen Gebetsort.
Jesus legt es uns im heutigen Evangelium mit mahnenden Worten ans Herz: Wer seine Familie mehr liebt als mich, der ist meiner nicht wert (Mt 10,37) – ein hartes Wort, aber bei weitem nicht so radikal wie andere Je-susworte, die vom „Verlassen der Familie“ sprechen. Im heutigen Evange-lium sagt Jesus nicht, dass ein Mensch in der Nachfolge Jesu beziehungs-los leben soll – nein, Familien- und Freundschaftsbeziehungen sollen ge-lebt werden – sie sollen aber genügend Raum und Zeit lassen für Jesus Christus. Diese Christus-Beziehung gilt es als Priester, als Ordensfrau und auch als Christ mitten im Alltag zu leben und den Menschen zu zeigen.
Es kommt auf mich als Mensch an: ich kann das entscheiden, wie ich Be-ziehungen gestalte und lebe – in der Offenheit für die Menschen und ihre Sorgen und Freuden, in der Offenheit für mich und meine Bedürfnisse nach Geborgenheit und Nähe, in der Offenheit für Jesus Christus und sein Evangelium. Wieder geht es um die Frage der Lebensqualität und Bezie-hungsqualität: Wie finde ich das Leben – bzw. wie es in der Vorgänger-
übersetzung heißt – wie gewinne ich das Leben; wie bleiben diese Bezie-hungen zu mir, zu den Mitmenschen und zu Jesus Christus lebendig und am Leben, trotz Corona, trotz Veränderung am Arbeitsplatz, trotz mehr Arbeit? Oft sparen Menschen – auch ich als Priester – als erstes am Gebet und an der Christusbeziehung; das merkt ja keiner, ob ich bete…
Aber auch ich brauche Zeiten der Ruhe. Ich brauche Zeit, um über Gott, über mich und über meine Mitmenschen nachzudenken. „Je mehr ein Priester zu tun hat, desto mehr braucht er Zeit für Christus. Zeit für IHN ist auch Zeit für die Menschen“, schrieb Bischof Klaus Hemmerle. Zeit für Gott ist auch Seelsorge für die Menschen und ihre Sorgen – Zeit, all das vor Gott zu bringen, was alleine nicht zu schaffen und zu (er-)tragen ist. Zeit für Gott ist auch Seelsorge für sich selbst durch die Stärkung im Ge-bet für die seelsorgliche und tatkräftige Begleitung der Menschen.
Das (eigene!) Kreuz soll ich in Liebe annehmen; Ihm, Jesus Christus soll ich gleichförmig und ähnlich werden, auch in der Kreuzesnachfolge – und auch offen sein für die Kreuze und Kreuzwege meiner Mitmenschen und für ihren Durst nach Leben: Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Men-schen sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi, so sagt es die Pastoralkonstitution Gaudium et spes – auch angesichts des eigenen Kreuzes soll ich offen für meine Mitmitmenschen sein; für das, was sie bewegt und umtreibt. Wichtig ist, nicht das Kreuz beiseitezuschieben oder zu verharmlosen, sondern das eigene Kreuz zu tragen und das der an-deren zu (er-)tragen helfen, besonders das der Armen und Schwachen, die sonst keinen Helfer bzw. Helferin haben. Durch die Kreuze unserer Mit-menschen, durch das Kreuz und durch die Beziehung zum Gekreuzigten hindurch zum Leben – das ist der Weg der Nachfolge Christi. AMEN.