PREDIGT 30. SO IM JK (A)

Ex 22,20-26 + Mt 22,34-40

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Kinder, liebe Jugendliche!
Wann waren Sie das letzte Mal so richtig verliebt? Keine Angst, Sie müssen das jetzt nicht vor allen aussprechen – aber Sie dürfen die Frage für sich beantworten: Wann waren Sie das letzte Mal so richtig verliebt?
Diesem Verliebt-Sein und dieser Liebe nachzuspüren war Ziel meiner Exerzitien: die Liebe zu Gott, zu Jesus Christus wiederzuentdecken, neu zu entfachen, zu vertiefen, wieder dieses Verliebt-Sein spüren. Liebe verändert mich, macht mich stärker, froher und glücklicher, weil ich mich angenommen und geliebt weiß, so wie ich bin – und die Liebe verändert mich, macht mich stärker, froher und glücklicher, weil ich liebe, diese Liebe erwidere und weiterschenke aus ganzem Herzen.
Kann ich mich in Gott verlieben, kann ich Gott lieben, geht das überhaupt? Gott lieben, ist wie einen anderen Menschen zu lieben: Ich will den geliebten Menschen treffen, suche immer wieder Gelegenheiten, mit ihr/ihr zusammen zu sein, will mit ihr/ihm reden, will Nähe spüren. Gott lieben und meine Beziehung mit ihm zu pflegen, IHN suchen, finden und erleben kann ich im Gottesdienst, im privaten Gebet und auch in der Natur, in der Meditation des Wortes Gottes, wenn ich mein Herz seiner Stimme öffne – dann höre ich in der Stille Gottes Melodie, die in mir anklingt: sanfte Orgelmelodie Diese Melodie Gottes in meinem Leben erklingt in Moll oder Dur – und hat auch mit meiner Stimmung und Gestimmtheit zu tun. Oftmals sind es Dreiklänge – Harmonien und Disharmonien – die diese Melodien ausmachen. harmonischen und disharmonischen Dreiklängen der Orgel zuhören. Diese verschiedenen Dreiklänge – die Musik spricht von Harmonielehre – sind auch Ausdruck meiner Beziehungen, in denen ich lebe und liebe: Da gibt es Harmonien und Dissonanzen. Jesus lässt diesen Dreiklang der Liebe heute im Evangelium anklingen: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit deinem ganzen Denken. [… Und:] Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“ (Mt 22,37-39). Der Dreiklang, den Jesus mir ans Herz legt, damit er dort Anklang findet, besteht aus den Tönen: Gottesliebe, Nächstenliebe und Selbstliebe. Auf den richtigen Ton kommt es an, den Ton, den ich im Leben und in der Liebe anschlage: Ist ein Ton zu laut, dann übertönet er die anderen beiden – ist ein Ton zu leise, gerät der Dreiklang der Liebe in Schieflage oder klingt unvollkommen, weil ein Ton zu fehlen scheint: Liebe ich meinen Nächsten, meinen Mitmenschen, mehr als mich selbst, kann es sein, dass ich selbst zu kurz komme – ich gönne mir nicht ausreichend Zeit für mich und meine Bedürfnisse oder zur Entfaltung meiner Fähigkeiten und Talente. Liebe ich den anderen weniger als mich selbst, laufe ich Gefahr, egoistisch zu werden und selbstverliebt nur noch an mich zu denken. Wenn die Liebe zu Gott in meinen Leben fehlt, wenn ich das Gespür verliere oder verloren habe, dass
ich von Gott angenommen und geliebt bin, wenn ich immer weniger mit Gott rede, oder nur dann, wenn ich IHN dringend brauche und ER mir helfen soll, dann klingt und geht das schief – oder: Reden Sie mit dem geliebten Menschen, dem Partner/der Partnerin nur, wenn Sie etwas brauchen? Wenn die Liebe zu Gott in meinem Leben immer weniger Anklang findet oder ganz verstummt, verzerrt es in der Konsequenz auch den Klang meiner Nächsten- und Selbstliebe. Umgekehrt klingt meine Liebe zu Gott schräg und dissonant, wenn ich mich selbst (mit meinen guten Seiten, aber auch mit meinen Fehlern und Schwächen) nicht annehmen und lieben kann, oder aber meine Mitmenschen vergesse. Der Dreiklang von Gottes-, Selbst- und Nächstenliebe klingt dann harmonisch, wenn ich alle drei Töne gleichzeitig und gleich laut erklingen lasse; und wenn Gottes-, Selbst- und Nächstenliebe nicht in Konkurrenz zueinanderstehen, sondern sich ergänzen, einander fördern und unterstützen – ja, wie eine Symphonie, gut zusammenklingen. Ich weiß, nicht immer gelingt mir das – täglich muss ich mich um einen harmonischen Zusammenklang der Töne in meinem Leben bemühen, damit eine Melodie der Liebe daraus wird: der Liebe zu Gott, der Liebe zu den Mitmenschen und der Liebe zu mir selbst. Auch wenn es scheinbar „nur“ das Zusammenspiel dreier Töne ist, gibt es verschiedene Spielarten, Tonlagen, Rhythmen, Melodien. Als liebender Mensch habe ich eine unendliche Vielfalt diese Liebe – und die ist viel mehr als „nur“ Verliebt-Sein – in mir und durch mich zum Klingen zu bringen. AMEN.