PREDIGT 24. SONNTAG Im JK (C)

Ex 32,7-11.13-14 + Lk 15,1-10 (Kurzfassung)

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Kinder, liebe Jugendliche!
40 Tage und Nächte ist Mose auf dem auf dem Berg Sinai (vgl. Ex 24,18) – eine idealisierte Zeitspanne mit einer tieferen Aussage: Die „40“ symbolisiert in der Bibel oft einen Neuanfang, einen Durchbruch zur Fülle des Lebens – einen Aufbruch, den Gott schenkt. Jahwe, der „ich bin der, ich bin da“, hatte das Leid seines Volks in der Sklaverei in Ägypten gesehen und es gerettet – der Zug in die Freiheit durchs gespaltene Meer. Jahwe, der „ich bin der, ich bin da“, führt sein Volk durch die Wüste – 40 Jahre lang: eine idealisierte Zeit des Durchbruchs zum Leben in Fülle im „gelobten Land“, wo „Milch und Honig“ fließen sollen (vgl. Ex 3,8.17). Während dieser Wüstenzeit ist Mose 40 Tage und Nächte auf dem Berg Sinai und damit Gott näher. Er empfängt u.a. die 10 Gebote (vgl. Ex 20,2-17; 34,28). Gott sorgt sich um die Beziehung des Volkes zum ihm, seinem Gott, und um das Zusammenleben untereinander – deshalb die Gebote zu gelingendem Leben.
40 Tage und Nächte – eine lange Zeit. Weil Mose, der die Israeliten im Namen Gottes in die Freiheit geführt hatte, so lange wegbleibt, wird das Volk unruhig und fordert von Aaron: „Jetzt mache du uns ein Gottesbild, das uns vorangeht; wer weiß, was mit diesem Mose, der uns aus Ägypten herausgeholt hat, passiert ist“ (Ex 32,1). Die Israeliten brauchen ein Götterbild, ein Gegenüber, das sie sehen, begreifen und anbeten können. Aaron, der Bruder des Mose, gießt aus dem Goldschmuck der Israeliten das „goldene Kalb“ – und die Israeliten beten es „als ihren Gott“ an.
Der rettende Gott, Jahwe, der „ich bin der, ich bin da“, ist erzürnt, dass die Israeliten sich von ihm, dem Retter, abgewandt haben und ein „goldenes Kalb“ anbeten und diesem mehr vertrauen als ihm. Wie schnell haben die Israeliten das rettende Eingreifen Jahwes vergessen…
Ich schaue auf mein Leben – ich blicke zurück und gehe in mich:
Wo und wie habe ich Gottes rettendes Eingreifen erfahren?
War und bin ich dankbar dafür? Habe ich mich von Gott abgewandt?
Wer sind meine Götter?
Das Geld, das immer weniger wert ist? Der Wohlstand, der bröckelt? Ruhm und Erfolg, die vergänglich sind? Woran hänge ich mein Herz?
Woran mein Herz hängt, das ist mein Gott. Wer ist mein Gott?
In der Lesung erleben wir Jahwe, den „ich bin der, ich bin da“, als zornigen Gott. Dieser Zorn Gottes will die Israeliten nicht vernichten, sondern erneut in die Freiheit führen. Sie sollen nicht scheinbaren Rettern nachlaufen, sondern Gott vertrauen und sich auf ihn verlassen. Die Israeliten sollen erkennen, dass sie Jahwe nicht egal sind, sondern dass Gott etwas an ihnen liegt, dass sie ihr Leben durch seine Gebote in Frieden und Freiheit gestalten können; sie sollen spüren, dass Gott es gut mit ihnen meint.
Der Evangelist Lukas zeigt uns im Sonntagsevangelium (Lk 15,1-10) in großartigen Gleichnissen, wie Gott ist. Jesus gibt darin eine bildhafte
Antwort, warum besonders Zöllnern und Sündern seine Zuhörer sind, warum er sie nicht abweist, ja sogar mit ihnen isst (vgl. Lk 15,1-2). Jesus will wie Gott „den Verlorenen“ nahe sein, ihnen so eine neue Lebens-perspektive schenken. Nicht nur Menschen, denen es gut geht, zählen – bei Gott zählen auch die Verlorenen, die am Rand sind, die sonst niemand sieht. Diese „Verlorenen“ verdienen Wertschätzung. Jesus sucht und findet sie, ja spricht sie an durch seine aufrichtenden Worte und durch sein wohlwollendes und fürsorgliches Handeln.
Gott, Jesus und Menschen, die ihm folgen, sind wie ein guter Hirt und wie eine fegende Frau. Der gute Hirt lässt 99 Schafe zurück – sie brauchen seine Hilfe und sein zupackendes Dasein jetzt nicht. Er geht dorthin, wo er jetzt nötig ist. Er ist nah dran an den Sorgen und Nöten der Menschen. Die fegende Frau sucht ihr verlorenes Geldstück. Sie scheut keine Mühe und lässt nichts unversucht: Licht anzünden, um besser zu sehen; ausfegen, um wieder freie Sicht zu haben; suchen in den hintersten Ecken – Papst Fran-ziskus würde sagen: hingehen an die Ränder der Gesellschaft – das Wert-volle dort suchen und finden: „Verlorene“ Menschen, die sich aus welchen Gründen auch immer von anderen abgewandt haben, verloren gingen oder aus der „guten Gesellschaft“ ausgeschlossen wurden. Die „Verlorenen“ su-chen, weil auch sie zählen, weil auch sie wertvoll und wichtig sind, weil auch sie eine Würde haben, weil auch sie zur Gemeinschaft gehören, weil ohne sie etwas fehlt: Freude nämlich – nicht nur im Himmel, sondern auch hier auf Erden – und Leben in seiner ganzen Vielfalt und Fülle. AMEN.