PREDIGT 23. SONNTAG Im JK (C)

Phlm 9b-10.12-17 + Lk 14,25-33

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Kinder, liebe Jugendliche!
Am 5. September 1997 starb Mutter Teresa, also vor knapp 25 Jahren. Bereits sechs Jahre später, am 19. Oktober 2003 wurde sie selig- und genau heute, am 4. September, vor sechs Jahren heiliggesprochen. Ich erinnere mich noch gut daran, weil ich an der Seligsprechung in Rom teilgenommen habe und mein Theologiestudium in Bamberg mit einem Tag Verspätung anfing – aber rückblickend kann ich sagen, ich habe von Mutter Teresa mehr gelernt als an diesem ersten verpassten Studientag.
Mutter Teresa ist als Mutter der Armen und Friedensnobelpreisträgerin weltweit bekannt. Schon als sie in Skopje/Albanien zur Schule ging, wollte sie Missionsschwester werden. Im Alter von 18 Jahren verließ sie ihre Familie und trat bei den Loretoschwestern ein und wurde als Lehrerin nach Kalkutta in Indien gesandt. Sie unterrichtete dort Töchter aus gutem Haus, reiche Mädchen. Mit 38 verließ sie die Schwesterngemeinschaft, um in ihrem Orden außerhalb der Klausur mitten in der Welt ihrer eigentlichen Berufung nachzugehen, die wesentlich mit dem Kreuz und dem Gekreuzigten zusammenhängt: Jesu Ruf am Kreuz „Mich dürstet!“ (Joh 19,28), ein Ausdruck der Sehnsucht Gottes nach dem Menschen, hat Mutter Teresa bewegt, Jesus Christus in den Ärmsten der Armen zu dienen – aus Liebe und nicht aus Berechnung, auf Augenhöhe und nicht von oben herab. In einen weißen Sari mit blauem Rand gekleidet, wie er für die niedrigste Kaste in Indien üblich ist, lebte sie in einem der schlimmsten Elendsviertel von Kalkutta, um dort das Leben der Armen zu teilen: „Zu sagen ‚ich liebe‘ genügt nicht. Liebe muss lebendige Tat werden.“ Mutter Teresa überzeugt durch ihr glaubhaftes Leben und ihren gelebten Glauben. Schon nach kurzer Zeit schlossen sich ihr Frauen an und bildeten die Gemeinschaft „Missionarinnen der Nächstenliebe“. Papst Johannes Paul II. nannte sie in der Predigt anlässlich ihrer Seligsprechung „Ikone des barmherzigen Samariters“ – Mutter Teresa hat gehandelt wie er: Sie hat in den Ärmsten der Armen den leidenden Christus erkannt, IHM hat sie gedient und IHM hat sie mit ihren Händen geholfen, hat Wunden der Kranken versorgt und Sterbende gepflegt. Sie hat institutionelle Hilfe organisiert, hat Heime für Findelkinder und Sterbehäuser für todgeweihte Obdachlose errichtet, wie der barmherzige Samariter, der den Zerschlagenen in einer Herberge unterbrachte.
Am Handeln von Mutter Teresa zeigt sich die Radikalität der Nachfolge besonders auch im „Verzicht auf Besitz“ (vgl. Lk 14,33) – das stört uns heute radikal: Wir wollen oft immer mehr haben und werden dadurch doch immer ärmer in unseren Beziehungen und in unserer Zeit füreinander. Wir wollen gern in der Mitte stehen, groß rauskommen, vorne dran sein und sind dabei weit weg von den Menschen, die uns brauchen. An die Ränder gehen – an die Ränder der menschlichen Existenz, wo das Leben an den
Rand gedrängt ist, wo kaum Platz fürs Überleben ist, wo der Schrei „Mich dürstet“ meist ungehört verhallt: in Elendsvierteln und sozialen Brennpunkten, in Hospizen und Altenheimen. Dort bei den Einsamen und Obdachlosen, bei den Verhungernden, unheilbar Kranken, und Sterbenden – dort fand Mutter Teresa den leidenden Christus. Sie sah und verehrte die Gegenwart Jesu Christi in den Ärmsten genauso wie in der Eucharistie.
An die Ränder gehen, dieser Zugang und Weg der Nachfolge Jesu war Mutter Teresa wichtig und ist auch ein Zentralgedanke von Papst Franziskus: „Wo die Ärmsten der Armen sind, dorthin müssen wir als Kir-che!“ Schwester Andrea, die erste ausländische Novizin, die 1959 zu Mutter Teresa nach Kalkutta kam, sagt über Mutter Teresa: „Sie […] hat uns beigebracht, unsere Aufgaben als die letzten Kreuzwegstationen zu sehen: So müsst ihr immer handeln, sagte sie, wenn ihr auch nicht wisst, was ihr tun könnt – Maria wusste es auch nicht, sie war ihrem Sohn begegnet auf dem Kreuzweg und sie war so hilflos, aber sie war dort! Und so müssen wir auch da sein, einfach da sein.“ (Gespräch mit Radio Vatikan). Im Blick auf das heutige Evangelium (Lk 14,25-33) lässt sich dieser Gedanke weiterführen: das Kreuz annehmen – das eigene und vor allem das der anderen. Mit diesen Menschen leiden wie die weinenden Frauen, das Kreuz zupackend tragen helfen wie Simon von Cyrene und liebend-trostvoll da zu sein wie Veronika. Compassion mit diesem Wort lässt sich der Dienst von Mutter Teresa in der Nachfolge Jesu Christi zusam-menfassen: compassion – mitleiden, mitleben, mitlieben. AMEN.
Zum Nachdenken

Ein amerikanischer Journalist sagte einmal zu Mutter Teresa: „Was Sie machen, würde ich nicht für eine Million Dollar machen.“
Ihre Antwort lautete: „Ich auch nicht.“

Ein amerikanischer Journalist fragte einmal Mutter Teresa, was sich in der Kirche ändern müsse.
Ihre Antwort lautete: „Sie und ich.“