PREDIGT 3. So im JK (B)

Jon 3,1-5.10 + Mk 1,14-20

Haben Sie die Unterschiede gehört?
Wie bereits am vergangenen Sonntag ist heute die Berufung der ersten
Jünger dran: Andreas, Simon Petrus und andere werden von Jesus gerufen,
ihm zu folgen. Kennen wir schon – aber: Haben Sie die Unterschiede gehört?
Die Berufungserzählungen in den Evangelien sind sehr verschieden.

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Kinder, liebe Jugendliche!
Im Johannesevangelium in der letzten Woche war die Jüngerberufung in
die Suche nach Leben und Lebendigkeit eingebunden; die Sehnsucht ist gestillt und die Suche hat ein Ende, als Andreas seinem Bruder Simon sagte:
„Wir haben den Messias gefunden“ (Joh 1,41). Was Andreas und Simon von
Beruf waren, davon kein Wort bei Johannes: Suchen und Finden – bei Jesus
Bleiben und ihm Nachfolgen, das zählt im Johannesevangelium.
Im Markusevangelium sucht Jesus die Jünger: als Wanderprediger ohne
festen Wohnsitz, ohne Bleibe – auch das ein Unterschied (vgl. Joh 1,38) –
geht Jesus auf sie zu und trifft sie mitten in ihrem Alltag als Fischer. Jesus
sucht Menschen und er versucht sie zur Umkehr zu bewegen: „Die
Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um und glaubt an das
Evangelium“ (Mk 1,15). Die Menschen sollen der guten Nachricht, dem
Evangelium, vertrauen, sich ausrichten auf das anbrechende Reich Gottes,
auf eine gute, ja bessere Zeit, die im Jetzt anbricht – Jesus Christus
selbst ist dieses Evangelium Gottes für die Menschen.
Was das konkret bedeutet, zeigt die Berufung der ersten Jünger: Der Ruf
„Kehrt um“ meint nicht „Lauft von mir weg“, sondern „Kommt her, mir
nach“ (Mk 1,17). Die gute Nachricht, das Evangelium, ist nicht zum Davonlaufen, sondern zum auf die Spur Kommen – auf die Spur, die zum Leben führt, die zu Jesus Christus führt. Da ist Bewegung drin – innerlich wie äußerlich: sich für Jesus entscheiden, ihm folgen, alles stehen und liegen lassen, alle Sicherheiten aufgeben – da gehört ganz viel Mut dazu, denn Andreas und Simon hätten bei ihren Netzen bleiben können. Ein Entscheidungsprozess, der sicher nicht „sogleich“ geschieht, sondern Zeit braucht, auch wenn Markus das anders schreibt (Mk 1,18.20), um durch dieses „sogleich“ dem Evangelium und Jesus Christus auf der Spur zu bleiben.
Jesus versucht Menschen für das Reich Gottes zu gewinnen, nicht sie zu
fangen oder zu ködern. Jesus bedient sich daher einer Sprache, die die Fischer verstehen können: „Ich werde Euch zu Menschenfischern machen“
(Mk 1,17). Fischernetze sind dabei hinderlich. Entscheidend ist die Vernetzung mit Jesus Christus und seiner Botschaft. Auf diese Verbundenheit, auf dieses network kommt es an. Das „Arbeiten an den Netzen“ ist den ersten Menschenfischern vertraut (vgl. Mk 1,19): dieses Netzwerk, die Beziehung zu Jesus Christus, muss tagtäglich gepflegt und Schäden ausgebessert werden – sonst reißt alles ein, das Netz wird unbrauchbar und alles war vergeblich. Jesus ruft Andreas, Simon und die anderen weg von den Fischernetzen hin zur Verbundenheit mit ihm – keine leichte Entscheidung: Die schwere Arbeit in schwankenden kleinen Booten auf dem See aufzugeben, um dauerhaft an Land zu gehen, festen Boden unter den Füßen zu haben und Jesus nachzufolgen – wohin ist fraglich; Familienangehörige zurückzulas-sen und zu verlassen, verwandtschaftliche und freundschaftliche Verbin-dungen zu lockern, ja ganz aufzugeben, um eine neue Bindung und Ver-bundenheit in der Nachfolge Jesu einzugehen – ob sie wirklich hält, was ER verspricht, ist offen. Jesus Christus und sein Evangelium scheinen überzeugt zu haben. Er hat Menschen dafür gewonnen, ihm zu folgen.
Im Markusevangelium werden die Brüder Andreas und Simon gemeinsam von Jesus angesprochen, ihm zu nachzufolgen. Eine gemeinsame Beru-fung der späteren Apostel Simon Petrus und Andreas – Zeichen der ur-sprünglichen Einheit der Kirche. Diese Einheit der Kirche ist im Lauf der Kirchengeschichte zerbrochen in die „Westkirche“, die sich auf Petrus, und die „Ostkirche“, die sich auf Andreas beruft. Hier hat wie in der Öku-mene überhaupt – Gott sei Dank – eine Umkehr im Denken stattgefunden: In den vergangenen Jahrzehnten wurden Schritte aufeinander zu gegangen, Gespräche geführt und gemeinsame Erklärungen unterzeichnet – das Ziel der Einheit, voll und ganz verbunden in, mit und durch Jesus Christus, ist noch nicht erreicht, aber der Weg ist klar. Die Schritte gehen in die richtige Richtung: aufeinander zu und nicht voneinander weg. Nicht den anderen „einzufangen“ und auf die eigene Seite zu ziehen ist der „Gewinn“, son-dern in versöhnter Verschiedenheit den christlichen Glauben gemeinsam zu leben wie Petrus und Andreas. Miteinander auf dem Weg in der Nach-folge Jesu Christi, das ist auch unsere Berufung – nicht nur in der Gebets-woche für die Einheit der Christen, sondern täglich neu. AMEN.