PREDIGT 2. So im JK (B)

1 Sam 3,3b-10.19 + Joh 1,35-42

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Kinder, liebe Jugendliche!
„Was sucht ihr?“ (Joh 1,38) – diese Frage Jesu aus dem heutigen Evangelium geht auch an uns: „Was sucht Ihr? Was ist Eure Sehnsucht?“
Wir wollen, dass endlich wieder ein „normales“ Leben möglich ist, ohne Corona – oder dass wir mit Corona einigermaßen gut leben können. Wir wollen uns wieder „normal“ treffen können ohne Alltagsmaske und ohne Besuchsbeschränkungen. Hoffentlich ist alles bald vorbei – solche Antworten höre ich bei vielen Telefonaten in diesen Tagen. Allen geht es um gelebte und gelingende Beziehungen, um gelingendes Leben: den Singles und Witwe(r)n fehlt oft ein Gegenüber – „ich habe niemanden, der wirklich da ist“; den Schülerinnen und Schülern (und auch Lehrern) fehlt der direkte Kontakt – „ich hatte schon am ersten Tag homeschooling nach den Ferien ‚die Schnauze voll‘“; sie stehen vor einer ungewissen Zukunft – „was ist mein Schulabschluss in diesem Jahr schon wert“; Alleinerziehende, Familien und kleine Betriebe kämpfen um ein Durch- und Auskommen im Alltag – „wie sollen wir das (finanziell) nur schaffen“; alte Menschen, die nicht mehr raus kommen, fühlen sich einsam. Viele Menschen unterschiedlichen Alters können nicht mehr; sie sind am Ende ihrer Kräfte, niedergeschlagen, manche auch des Lebens müde. Viele haben das verordnete social distancing satt – gerade im lockdown geht es doch darum, die Sozialkontakte aufrecht und lebendig zu erhalten. Unsere Zeit braucht daher ein physical distancing – eine Einschränkung (und nicht eine Dauerunterbrechung!) der face-to-face-Kontakte, der Direktbegegnungen, um die Übertragung von Corona stark einzuschränken – bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der mitmenschlichen Nähe, des einander nahe Seins und Mitfühlens, des geteilten Lebens.
Die beiden Männer die Jesus folgen, suchen seine Nähe – eine für sie le-benswichtige Einzelbegegnung, kein Massenansturm. Jesus weist sie nicht ab, sondern fragt bewusst offen: „Was sucht ihr?“ (Joh 1,38). Sie wollen sehen, wo und wie Jesus lebt; sein Lebensumfeld wollen sie kennenlernen; wollen sehen was ihm wichtig ist, mit ihm reden, bei ihm sein – vorerst (noch nicht) dauerhaft, sondern für ein paar Stunden. Ein wichtiger Kon-takt von Mensch zu Mensch, der entscheidend ist für ihr weiteres Leben und der alles verändert: „Wir haben den Messias gefunden“ (Joh 1,41).
Suchen, was mein Leben lebenswert macht, und sich dafür ganz bewusst auf den Weg machen und sich Zeit dafür nehmen, können wir von den beiden Männern lernen. Diese Nachfolge Jesu und auch unser Weg mit Je-sus braucht immer wieder die direkte Begegnung mit IHM, um dann im Alltag – „in der Distanz“ – in der Christus-Beziehung zu leben.
Einen zweiten Aspekt der derzeit so wichtigen sozialen Beziehung und Offenheit füreinander zeigt die Lesung auf: Der mehrmals aus dem Schlaf gerissene Eli reagiert nicht verärgert, als Samuel in erneut aufweckt. Eli lässt sich stören und reagiert nicht abweisend. Er erträgt geduldig die Un-terbrechung seines Schlafes und nimmt sich Zeit für seinen Schüler Sa-muel. Allmählich erkennt Eli, dass Gott den Samuel angesprochen hat und rät Samuel, wie er sich beim „Anruf Gottes“ verhalten soll.
Von Eli und Samuel kann ich lernen, wachsam zu sein für die Zeichen und Stimmen der Zeit – Störungen oder Anrufe von Mitmenschen nicht lästig abzuwimmeln, sondern mir Zeit für ihre Anliegen nehmen – im (mit-)geteilten Leben Tieferes und vielleicht sogar die „die Spuren Gottes“ entdecken. Dabei kann mir auch die Kommunikation zwischen den Generationen helfen – Samuel hätte ohne Elis Rat, aus dem seine eigene Gotteserfahrung und Lebensweisheit spricht, nie die ihn beim Namen rufende Stimme einordnen und sich dem Ruf Gottes und der Berufung durch Gott stellen können: „Rede, denn dein Diener hört“ (1 Sam 3,10).
Es geht in dieser Corona-Zeit nicht nur ums Deuten der Zeichen und Stimmen der Zeit, sondern vor allem ums Zeigen dessen, was trägt, und lebensdienlich ist: Johannes weist zwei seiner Jünger auf Jesus hin – er hält sich nicht selbst für „den Besten“ und bindet die Jünger nicht krampfhaft und klammernd an sich – er kann sie guten Gewissens gehen lassen – zu und mit Jesus. Und auch Andreas und der namenlose Zweite, die in Jesus den Messias entdeckt und erkannt haben, behalten diesen Wissen nicht egoistisch für sich – sie teilen es mit Petrus und führen ihn zu Jesus.
Das Positive, das mich trägt im (Glaubens-)Leben, das mit Halt gibt, mich stützt und mir Lebendigkeit schenkt, das mich in dieser schweren Corona-Zeit (durch)trägt, das mir hilft zu leben und zu glauben und mir Hoffnung und Lebensmut schenkt, darauf soll ich meine Mitmenschen hinwiesen und es ihnen zeigen – das ist meine Berufung als Christin und als Christ: Dem Leben auf der Spur – das Leben finden – das Leben leben und es mit anderen teilen, dazu bin ich, dazu sind wir berufen. AMEN.

Hier noch zwei vertiefende Liedlinks:
– Suchen und fragen: https://www.lieder-vom-glauben.de/wo-wir-dich-loben-wachsen-neue-lieder-nr-82/
– Herr, du bist mein Leben: https://www.youtube.com/watch?v=X5eUNQWqAQk