10/7/25

PREDIGT 27. SO IM JK (C)

2 Tim 1,6-8.13-14 + Lk 17,5-10

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Kinder und Jugendliche!
Können Sie sehen, was ich in der Hand habe (Senfkorn )? Es ist sogar so klein, das ich es zwischen den Fingern halten kann.  Meine Finger sind zu groß und der Gegenstand zu klein. Es ist ein kleines Senfkorn – auch ein Korn, das geerntet wurde wie vieles andere auch, wofür wir heute an Erntedank Gott loben. Wir sind dankbar, dass aus kleinen Samenkörnern – gehegt von Gärtnerinnen und Landwirten – große Pflanzen geworden sind und dass vielerorts eine gute und reiche Ernte gereift ist. Gott sei Dank – Erntedank!
Im zweiten Brief schreibt Paulus seinem engen Mitarbeiter Timotheus vom „anvertrauten kostbaren Gut“ (2 Tim 1,14), das uns Menschen in die Hand gegeben ist. Bezogen auf das heutige Erntedank-Fest können wir die „Erde und alles, was auf ihr wächst“ als dieses kostbare Gut anse-hen, für das der Mensch verantwortlich ist (vgl. Gen 1,28-29 bzw. Gen 2,15): behüten, beschützen und bebauen soll der Mensch die Erde – soll seinen Nutzen aus ihr ziehen, aber die Erde und ihre Ressourcen nicht ausnutzen, sondern sie so gebrauchen, dass Lebensräume erhalten werden und auch zukünftige Generationen auf der Erde gut leben können. Uns ist die Erde übergeben. Gott sei Dank – Erntedank!
Als Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Schöpfers haben wir die Verantwortung für das zerbrechliche Ökosystem unserer Erde, für den Pflanzen- und Artenreichtum. Die aktuelle Klimakrise zeigt, dass wir schon Jahrzehnte lang die Erde immer mehr ausbeuten, um auf unsere Kosten zu kommen: immer mehr für einzelne Personen und Firmen, Staaten und Kontinente –die Bewältigung der Klimakrise wird uns einiges kosten. „Wir müssten bescheidener werden“ – dazu mahnte Papst Franziskus in seiner vor zehn Jahren veröffentlichten Enzyklika Laudato si; wir müssten „das Notwendige zu teilen, damit Not gewendet wird“ (vgl. LS 52 und v.a. LS 203-221). Ich kaufe einfach ein – und dann kommt bei vielen das große Wegschmeißen. Dabei ist vieles zu gut für die Tonne! Denk mal nach, was du ändern kannst, damit nicht mehr wie in Deutschland durchschnittlich fast 75 kg Lebensmittel pro Person jährlich in die Tonne wandern! Gott sei Dank – Erntedank!
Das „anvertraute kostbare Gut“ (2 Tim 1,14), von dem Paulus schreibt, ist der Glaube, der uns als „kostbare Gut“ wie ein Samenkorn in die Hand gegeben ist: klein, aber voller Entfaltungskraft. Der Glaube kann wachsen, wenn ich ihn wie ein Samenkorn aufgehen, wachsen und reifen lasse – jede und jeder kann viel tun, dass der Glaubenssame aufgeht und wächst: Beten, in der Bibel lesen und darüber sprechen, den Gottesdienst besuchen, anderen helfen, in den Familien den Glauben vorleben und als etwas Positives, Haltgebendes, Tragendes und Tröstendes erlebbar werden lassen. Aber es liegt nicht alles liegt in unserer Hand. Es gilt nicht zu verzagen, sondern auf
Gottes „Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit“ (2 Tim 1,7) zu bauen. Er ist der Nährstoff, den ich als zartes „Pflänzchen“ brauche, damit mein Glauben gut wachsen und erstarken kann.
„Alles kann, wer glaubt“ (Mk 9,23) bzw. „Glaube versetzt Berge“, so sagt Jesus: ein winzig kleiner Glaube soll sogar einen fest verwurzelten „Maulbeerbaum“ (Lk 17,6) versetzen können. Also mir ist das beim Kirschbaum in meinem Garten bisher nicht gelungen. Ob ich zu wenig glaube?
Ich glaube nicht – wenn ich auf das vergangene Jahr zurückblicke, konnte ich auch da Einiges ernten, Früchte des Glaubens nämlich: Liebe und Freude, Geduld – auch wenn mir das oft schwerfiel – dann auch Freundlichkeit und Güte, gelingende Beziehungen und Freundschaften, Treue und Wahrhaftigkeit und noch andere mehr. Schauen Sie doch mal in einer ruhigen Minute im „Garten ihres Lebens“ nach, was es bei Ihnen „auf dem Feld des Glaubens“ (neben so manchem Unkraut) vielleicht besser oder ganz anders gewachsen ist, als anfangs gedacht, was es an Gutem und Nützlichem zu ernten gab und seien Sie dankbar dafür. Gott sei Dank – Erntedank!
Ich glaube, Jesus will uns mit dem Senfkorn-kleinen Glauben sagen, dass es gar nicht so viel braucht, damit etwas Wunderbares entstehen kann; dass mit Glauben und Glaubenskraft in der Kraft des Heiligen Geistes Unmögliches möglich werden kann, so wie es der folgende Satz sagt, der Franz von Assisi zugeschrieben wird: „Tue zuerst das Notwendige, dann das Mögliche und plötzlich schaffst du das Unmögliche.“ AMEN.

10/7/25

PREDIGT 26. SO IM JK (C)

1 Tim 6,11-16 + Lk 16,19-31

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Kinder, liebe Jugendliche!
Da kann ja jeder kommen! So sage ich oft, wenn mich eine Anfrage nervt oder wenn ich ein Anliegen nicht ernst nehmen will. Da kann ja jeder kommen! Oft urteile ich über Menschen aufgrund ihrer äußeren Erscheinung, ohne mir die Mühe zu machen, mit ihnen zu reden, und ohne sie zu fragen, was sie wirklich brauchen. Da kann ja jeder kommen! So sage ich oft, wenn ich Menschen in Not Hilfe oder Unterstüt-zung nicht zugestehen oder gewähren will. Da kann ja jeder kommen!
Da kann ja jeder kommen! Denkt sich vielleicht der reiche Prasser aus dem heutigen Evangelium. Wenn ich dem die Tür öffne, dann habe ich morgen nicht nur einen, sondern viele und bald alle Armen und Bedürftigen der Stadt. Da könnte ja jeder kommen! … Und das will ich nicht! Die Tür bleibt zu! Drinnen sorgloses Feiern – draußen sorgenvolles Leben und die bange Frage, wie Leben, ja das Überleben des heutigen Tages möglich ist. Draußen vor meiner Tür – außerhalb meiner vier Wände – außerhalb meines Denkhorizontes. Ausgegrenzt und ausgesperrt: aus den Augen aus dem Sinn – ich sehe es ja nicht und muss mich nicht damit belasten, geschweige denn darum kümmern. Ausgegrenzt und ausgesperrt: aus meinem Leben und oft auch vom Zusammenleben in der Gesellschaft.
Da kann ja jeder kommen! Oftmals entscheidet sich hinter verschlossen Türen, wer wie am Leben teilhat. Und wenn die Tür zu bleibt, dann fehlt der Blick auf die Realität, auf das wahre Leben vor der Tür – und es kommt auch niemand durch diese Tür, der von dieser Wirklichkeit „draußen“ berichtet. Verschlossene Türen sperren aus und fixieren Machtgefälle – auch im realen Leben tun sich da oft unüberwindliche Abgründe auf, über die viele nicht aus eigenen Kräften hinwegkommen.
Da kann ja jeder kommen! – aber Paulus ist nicht irgendwer. Er, der in manche Abgründe des Lebens und Glaubens geschaut hat, schreibt an Timo-theus: Lebe deinen Glauben und deine Frömmigkeit bewusst (vgl. 1 Tim 6,11f) – gut so! Aber zum Glauben gehört auch die konkrete Umsetzung und die Hinwendung zu den Menschen in Not: Glauben und Handeln gehören zusammen, denn sonst tun sich Abgründe auf! Nur Gebet, nur Gottesdienst, nur Frömmigkeit verschließt meinen Blick auf die Nöte der Mitmenschen – die ich dann ausschließe, die ich nicht sehe oder nicht sehen will. Paulus sagt zu Recht: „Gott gebührt Ehre und ewige Macht“ (1 Tim 6,16) – und mit Irenäus von Lyon können wir sagen „Die Ehre Gottes ist der lebendige Mensch.“ Durch den Menschen soll Gott und Gottes Herrlichkeit hindurchscheinen, auch seine Barmherzigkeit, Menschenfreundlichkeit und Liebe.
Da kann ja jeder kommen! So lautet das Jahresmotto der CARITAS und das Motto am heutigen Caritassonntag – und es ist Programm: Da kann ja jeder kommen. Caritas öffnet Türen. Das klingt einladend, offenherzig und gastfreundlich. Die CARITAS ist als katholischer Wohlfahrtsverband eine wich-tige Anlaufstelle für alle Menschen in Not; die CARITAS fragt nicht nach Herkunft, Geschlecht oder Religionszugehörigkeit; die CARITAS hilft dort, wo Menschen Hilfe brauchen – Menschen, die wie Lazarus einen Namen und ein konkretes Schicksal haben – egal warum sie in Not geraten sind: Da kann ja jeder kommen. Caritas öffnet Türen durch professionelle Hilfe der Fachdienste, Beratungsstellen und Einrichtungen der CARITAS.
Da kann ja jeder kommen. In der Welt haben die Reichen, Mächtigen und Großen einen Namen – bei Gott, der Liebe ist (vgl. 1 Joh 4,16), ist das anders: Da ist der reiche Prasser namenlos anonym und könnte jedermann und jede Frau sein – der Arme, der im liebenden Blick Gottes ist, er ist namentlich genannt. Da kann ja jeder kommen. Das ist die Zusage Gottes an uns Menschen: „Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid“ (Mt 11,28). Bei Gott und zu kann jede(r) kommen – und das Ziel seines Kommens ist klar: „Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben, und es in Fülle haben“ (Joh 10,10). Dieses Leben in Fülle ist allen zugesagt. Gott macht da keinen Unterschied zwischen Arm und Reich, wenn ich mich für ihn öffne.
Da kann ja jeder kommen – ich auch. Es wäre zu einfach, mein Hinsehen und meine Hilfe abzuschieben und zu delegieren; mein Blick und mein Handeln ist gefragt: Da sein für die kleinen Sorgen und Nöte im Alltag meiner Mitmenschen – ja, da kann jede(r) kommen! Meine Tür steht offen, v. a. die Tür meines Herzens – das ist gelebte CARITAS, gelebte Liebe. AMEN.

10/7/25

PREDIGT 25. SO IM JK (C)

Am 8,4-7 + Lk 16,1-13 (Langfassung)

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Kinder, liebe Jugendliche!
„Und der Herr lobte den ungerechten Verwalter, weil er klug gehandelt hatte“ (Lk 16,8). Von diesem Menschen, der sich durch Verschlagenheit, Unzuverlässigkeit und Faulheit auszeichnet, soll ich mir eine Scheibe abschneiden? Den stellt Jesus mir als kluges Vorbild vor? Soll ich etwa auch andere betrügen und Eigentum und Geld, das mit nicht gehört, ausgeben – das wäre ja Diebstahl! Soll ich auch so handeln: Hauptsache ich habe meinen Nutzen – bin mir keiner Schuld bewusst – der Schaden, den andere haben, ist mir egal?
Sicher nicht – das hat Jesus sicher nicht gemeint. Aber worin besteht dann die Klugheit des ungerechten Verwalters, die Jesus lobt und alle Fehler und jedes Fehlverhalten unter den Tisch fallen lässt?
„Klugheit ist die Selbstorientierung in der Welt“ – so eine Definition: Wenn ich klug bin, dann finde ich mich in der Welt zurecht, dann handle ich so, wie es die Situation erfordert, dann gelingt mein Leben. Wenn also der Verwalter von Jesus als klug bezeichnet wird, muss ihm also etwas gelingen: Der Verwalter erkennt seine missliche Lage. Sie ist aussichtslos. Er wird in Kürze als Verwalter abgesetzt werden. Er könnte die letzte Gelegenheit nutzen, um Geld in die eigene Tasche zu scheffeln – ist ja egal – entlassen werde ich sowieso. Er macht es nicht – das ist klug!
Trotzdem veruntreut der Verwalter Geld – zumindest, wenn ich der Einheitsübersetzung Glauben schenke: dort ist vom „ungerechten Verwalter, der klug gehandelt hat“ (Lk 16,8) die Rede. In dieser Übersetzung wird das Verhalten des Verwalters als Fehlverhalten, als ungerecht bewertet. Im griechischen Originaltext steht jedoch: „Verwalters der Ungerechtigkeit“ (τὸν οἰκονόμον τῆς ἀδικίας). Damit ist nicht der Verwalter ungerecht, sondern das System! In der Theorie, wie sie im Buch Levitikus benannt ist, ist das klar: „Du sollst […] weder dein Geld noch deine Nahrung gegen Zins und Wucher [anderen] geben“ (Lev 25,37). In der Praxis aber wurden auf verliehene Nahrungsmittel je nach Verderblichkeit in der damaligen Zeit 20 bis 50 Prozent Zinsen erhoben! Die Schuldner konnten diese Wucherzinsen in den seltensten Fällen zahlen – sie saßen in der Schuldenfalle. Verarmung und Versklavung bedrohte die Familien. Wenn der Verwalter also diese Wucherzinsen erlässt – mehr macht er nicht – dann schadet er seinem reichen Herrn nicht, denn der erhält ja das verliehene Gut zurück. Der kluge Verwalter hilft aber den Schuldnern, nicht in noch größere Abhängigkeiten, nicht in noch mehr Schulden und noch größere Armut zu geraten – das ist klug!
Durch dieses Verhalten des Verwalters wird der „Teufelskreis der Armut“ gestoppt. Der Verwalter kämpft mit seinen Möglichkeiten gegen die Ungerechtigkeit und schafft sich so Freunde bei den Abhängigen des ungerechten Wirtschaftssystems: bei denen, die zu arm und zu schwach sind, sich selbst aus der Schuldenfalle der Armut zu befreien. Der Verwalter „kauft“ also keine Menschen, um seine eigene Haut zu retten, wenn er den Posten als Verwalter verliert. Nein, er erweist sich vielmehr als Menschenfreund und hofft auf die Menschenfreundlichkeit der anderen – das ist klug!
Die Klugheit des Verwalters hat also primär nichts mit Verschlagenheit und Unterschlagung zu tun, die der Prophet Amos zu Recht anprangerte, sondern mit menschengerechtem Handeln. Gutes und gelingendes Zusammenleben aller Menschen ist möglich: unsere Erde theoretisch kann bis zu 13 Milliarden Menschen dauerhaft ernähren, wenn wir die Nahrungsmittel gerecht verteilen würden – derzeit sind wir über acht Milliarden Menschen und eine Welt ohne Hunger ist praktisch in weiter Ferne. Notwendig im wahrsten Sinn des Wortes wäre ein Stopp von Ausbeutung und Gewinnmaximierung: zurzeit des Propheten Amos machten Betrüger den „Abfall des Getreides […] zu Geld“ (Am 8,6); heutzutage verbrennt man mancherorts Getreide lieber, als damit hungernde Menschen zu ernähren, das ist lukrativer für die eigene Tasche. Das ist eine wirtschaftliche Abhängigkeit und ethische Misere, weil Subventionen und Preispolitik das Geld über den Menschen stellt und mit der Armut eines Großteils der Menschheit Geschäfte gemacht werden. Da sind die uralten Worte des Propheten Amos erschreckend aktuell.
Liebe Schwestern und Brüder, jeder verwaltet sein Leben und waltet über das Leben anderer Menschen. Die Punkrockband Die Ärzte brachten das prophetisch ins Lied: „Es ist nicht deine Schuld, dass die Welt ist, wie sie ist; es wär nur deine Schuld, wenn sie so bleibt.“ Klugheit ist gefragt: Ich bin angefragt und mein Verhalten ist in Frage gestellt. Wie kann ich klug handeln – für mich und für meine Mitmenschen? Es ist nicht deine Schuld, dass die Welt ist, wie sie ist; es wär nur deine Schuld, wenn sie so bleibt.

10/7/25

PREDIGT 23. SO IM JK (C)

Weish 9,13-19 + Lk 14,25-33

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Kinder und Jugendliche!
Nach den Ferien und zu Beginn des neuen Schuljahres müssen Menschen sich umstellen – ich mich auch: Von Ferien auf die bald beginnende Schule und auf die Arbeit, auf neue Aufgaben und Menschen, die mir wieder oder zum ersten Mal begegnen. Ich brauche Zeit, um mich darauf einzustellen, auf Namen und die zugehörigen Gesichter, auf veränderte Arbeitsabläufe und Zuständigkeiten – es braucht Zeit, bis sich alles wieder eingespielt hat.
Auch in unserem Seelsorgebereich hat sich einiges verändert: Seit 1. September ist PV Fiedler Leitender Pfarrer in Kulmbach – sein Nachfolger im SSB Hofer Land ist der engagierte Kaplan Christopher Helbig; mit Herrn Fritzsch haben wir einen motivierten neuen Geschäftsführer für unsere Kitas; ab Oktober wird Herr Dr. Leroy die Stelle des „Referenten für Öffentlichkeitsarbeit“ im SSB übernehmen, eine Projektstelle, die zu 100 Prozent von Bamberg finanziert wird. Der Leitende Pfarrer Fleischmann ist aktuell im Krankenstand und fällt wohl noch länger aus. Für mich als sein Stellvertreter bedeutet das zusätzliche Aufgaben schultern. Ich bin dankbar für das Pastorale Team, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Verwaltung und den Pfarrbüros und die vielen Ehrenamtlichen, die diese Situation mittragen. Wie wird es weitergehen? – diese Frage steht im Raum.
Was war nochmal die Frage? – könnten wir Jesus fragen, denn im heutigen Evangelium (Lk 14,25-33) hörten wir nur seine Antwort. Vielleicht lautete die Frage der Menschen, die Jesus nachfolgten auch: Wie wird es weitergehen? Wie sieht unser weiterer Weg mit dir aus? Was erwartet uns?
Die Antwort Jesu ist ziemlich radikal. Er spricht über den Ernst der Lage: Euphorie und anfängliche Begeisterung reichen auf Dauer nicht, um Jesus nachzufolgen. Einfach nur mitlaufen genügt nicht, um Jünger(in) Jesu zu sein. Nachfolge ist nicht all inklusive, keine Rundumversorgung, sondern Verzicht und Entschiedenheit für Jesus und seine Botschaft. Jesus selbst fordert sie ein, mit allen Konsequenzen: nicht nur ein Dabeisein bei Festen und Feiern, an schönen Tagen, wenn alles „wie von selbst“ läuft, sondern auch ein Dabeibleiben, wenn es schwer wird, wenn Einschnitte drohen, wenn Vertrautes und/oder Liebgewonnenes schweren Herzens aufgegeben werden muss, wenn der Weg zum Kreuzweg wird. Leben in der Nachfolge Jesu fordert die Bereitschaft zum Kreuz – damals wie heute. Im heutigen Evangelium ermutigt Jesus die Jünger(innen), trotzdem Nachfolge zu wagen, aber auch die Tragweite der Entscheidung für das Kreuz zu bedenken.
Was bedeutet das für unseren Weg als Seelsorgebereich oder als einzelne Pfarrgemeinde? Wie sieht unser weiterer Weg aus?
Es gilt, den SSB Hofer Land als Ganzes in den Blick zu nehmen und nicht nur Einzelinteressen. Wir müssen sehen, ob die Kräfte reichen, was tragbar und erträglich ist, und auch entscheiden, wie die Kräfte sinnvoll zu bündeln und wo Aufgaben neu zu verteilen sind, oder teilweise auch auf- oder ab-
geben werden müssen. Niemand soll unter der Last zusammenbrechen. Dazu mahnt Jesus mit den Beispielen vom Bau- und Kriegsherrn im Evangelium. Das heißt übertragen auf unsere Situation: die Kräfte gut einzuteilen, damit niemand, weder die Haupt- und Ehrenamtliche noch die einzelnen Pfarrgemeinden, auf der Strecke bleiben oder aufs Kreuz gelegt werden.
Das Kreuz soll auch nicht wie ein Damoklesschwert über uns hängen und uns Angst machen. Das Kreuz ist vielmehr eine Einladung, es mit dem Kreuz und unter dem Kreuz auszuhalten, weil Jesus als der auferstandene Gekreuzigte diesen Weg mit uns geht und (er)tragen hilft. Schauen wir auf das Logo des Heiligen Jahres: Als „Pilger der Hoffnung“ sind wir „Kreuzträger“ und gehen in der Nachfolge Jesu Christi gemeinsam den Weg.
Angesichts des Kreuzes könnten wir uns beschweren, aber genau das meint Jüngerschaft in der Nachfolge Jesu nicht. Gelebte Kreuzesnachfolge bedeu-tet nicht, maulend stehenzubleiben und das Kreuz von sich zu werfen, sondern den Aufbruch mit dem Kreuz zu wagen! Packen wir die Herausforderungen gemeinsam an! Gehen wir als Glaubensgemeinschaft und Pfarrge-meinde im SSB Hofer Land den Weg in der Nachfolge Jesu – als Jünger(innen) von heute! Wenn wir alle mitanpacken, wenn jede(r) die Zeit und Möglichkeit, die Kraft und Begabungen einbringt, die er/sie hat – und auch andere dazu motiviert –, dann ist die Belastung gar nicht so schwer, dann ist „das Kreuz“ gut zu schultern, weil es auf viele Schultern verteilt ist und wir in und mit Jesus Christus eine starke Gemeinschaft sind. AMEN.

10/7/25

PREDIGT 21. SO IM JK (C)

Jes 66,18-21 + Lk 13,22-30

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Kinder, liebe Jugendliche!
Täglich ein Sudoku oder ein Kreuzworträtsel, um den Geist zu trainieren; body workout, damit der Körper in Form kommt und in Topform bleibt; gesunde Ernährung und ein Fitnessprogramm, damit man(n) und frau auch im Alter noch jung aussehen – für unseren Körper und unseren Geist tun wir viel, um sie vital, gesund und fit zu halten. Wir nehmen Einiges an Zeit und Anstrengung auf uns, damit wir geistig rege sind und körperlich leistungsfähig bleiben. In Glaubensdingen sieht es oft anders aus: da wollen wir keine Mühe haben und nicht viel Zeit für Gottesdienst und Gebet aufwenden; andere haben gar keine Lust: null Bock auf Religion und Glaube. Wellness und Ausspannen, nur keine Anstrengung, denn: „Wir kommen al-le, alle, alle in den Himmel“, wie ein alter Faschingsschlager es besingt.
„Wir kommen alle, alle, alle in den Himmel“ – Wirklichkeit, oder billiger Faschingsscherz? „Herr, sind es nur wenige, die gerettet werden?“ (Lk 13,23). Im heutigen Evangelium (Lk 13,22-30) wird nicht gesagt, wer diese Frage stellt. Vielleicht eine Person, die sich selbst zu diesen wenigen zählt – oder eine, die Angst hat nicht dazuzugehören. Es ist eine Frage, die sich immer wieder stellt: den ersten Christen und mir selbst. Auch der Philosoph der Aufklärung, Immanuel Kant, stellt am Beginn der Neuzeit diese Frage: „Was kann ich wissen? Was darf ich hoffen? Was soll ich tun?“
Jesus nennt keine Zahl – seine Antwort ist eine andere: „Bemüht euch mit allen Kräften, durch die enge Tür zu gelangen; denn viele […] werden versuchen hineinzukommen […]. Wenn der Herr des Hauses aufsteht und die Tür verschließt und ihr draußen steht […].“ (Lk 13,24f). Das klingt hart, so gar nicht nach Jesus wie wir ihn sonst kennen: eine geschlossene Tür. Ich wünsche mir lieber eine sich öffnende Tür, offen für alle: Wir kommen alle, alle, alle in den Himmel – doch ist die Tür irgendwann zu und bleibt zu. Das soll jetzt die Frohe Botschaft vom anbrechenden Reich Gottes sein?
Stellen wir uns nochmal den Fragen:
Was kann ich wissen? – Die Tür ist eng und es gibt ein zu spät.
Was darf ich hoffen? – Es gibt diese Tür und ich kann hindurch gelangen.
Was soll ich tun? – Das ist die entscheidende Frage für das anbrechende Reich Gottes. Die beiden kurzen Bildworte, die dem heutigen Evangelium vorausgehen (vgl. Lk 13,18-21), sprechen davon: vom Sauerteig, der das gan-ze Mehl im Backtrog durchsäuert, und vom kleinen Senfkorn, das zum großen Baum wächst. Bilder, das vieles beim anbrechenden Reich Gottes, beim „Himmel auf Erden“ wie von selbst und ohne mein Zutun geht.
Was soll ich da tun? Es kommt auf mich an, darauf, dass ich das Senfkorn ausstreue, damit es wachsen kann, und darauf, dass ich den Sauerteig unters Mehl mische. Die Botschaft Jesu rüttelt mich meiner Selbstsicherheit auf. Die Worte Jesu von der engen Tür sind keine Drohbotschaft, sondern eine wachrüttelnde Einladung an mich zum entschiedenen Handeln, damit Gottes Reich unter uns anbricht. Dazu muss ich nichts Großes vollbringen. Gottes Reich fängt klein an – aber ohne mein Zutun passiert nichts.
Jesus macht das nochmals deutlich: Nur mit mir essen und trinken und das Wort Gottes hören – zum einen Ohr rein, zum andern raus – genügt nicht (vgl. Lk 13,26f). Feste feiern, ist wichtig, sie schaffen Begegnungsmöglichkeiten und stiften Gemeinschaft. Jesus aber geht es um mehr, um gelebten Glauben, darum, dass ich das Wort Gottes in die Tat umsetze, dass ich mich nach Möglichkeiten einbringe und meinen Teil zum Anbruch des Reiches Gottes beitrage. Jede(r) ist dazu eingeladen, auch diejenigen, die das nie erwartet hätten, und diejenigen, von denen man das nie erwartet hätte: Sie werden von Osten und Westen und von Norden und Süden kommen und im Reich Gottes zu Tisch sitzen (Lk 13,29). Die Plätze im Reich Gottes werden mit Menschen verschiedenster Nationen aus allen Himmelsrichtungen gefüllt, die sich auf den Weg zu Gott machen. Keine(r) ist von vorne herein ausgeschlossen. Das heißt doch, dass es sich lohnt, dass ich mich aufmache und meine Kräfte – und mögen sie noch so klein und unscheinbar sein – für das Reich Gottes einsetze. „Bemüht euch mit allen Kräften!“ (Lk 13,24), ruft Jesus uns zu. Durch mein Tun und meinen Engagement kann ich mir den „Himmel“ nicht verdienen, aber ich kann Menschen in Not, „ein Stück vom Himmel“ schenken, ein Stück vom anbrechenden Reich Gottes, z.B. durch meine finanzielle Unterstützung, durch einen Krankenbesuch, durch ein aufbauendes Gespräch, durch eine helfende Tat. Wer dann am Ende im Reich Gottes einen Platz hat, dürfen wir getrost Gott überlassen. „Dann werden manche von den Letzten die Ersten sein und manche von den scheinbar Ersten die Letzten“ (vgl. Lk 13,30). AMEN.

06/24/25

PREDIGT 12. SO IM JK (C)

Sach 12,10-11;13,1 + Lk 9,18-24

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Kinder und Jugendliche!
So sehn Sieger aus, schalalala; so sehn Sieger aus, schalalala – ein Fußballhit, der gerne beim Gewinn eines packenden Spiels oder nach einem erfolgreichen Tournier eingespielt und von Fans mitgegrölt wird. Hauptsache gewonnen, egal wie – einzig das Ergebnis zählt: So sehn Sieger aus…
Wir grölen nicht, sondern bekennen uns zu Jesus Christus. ER ist auf den ersten Blick alles andere als ein Siegertyp: ER ist gescheitert, wurde aufs Kreuz gelegt, auf seine Worte und Taten festgenagelt, durchbohrt. Trotzdem schauen wir „auf ihn, den sie durchbohrt haben“ (Sach 12,10). Wir denken bei diesen Worten aus dem Buch Sacharia sofort an Jesus Christus, den Gekreuzigten und von der Lanze Durchbohrten, da der Evangelist Johannes diese Worte Sacharjas übernimmt (vgl. Joh 19,37) und sie mit dem Kreuzestod Jesu verknüpft. Jesu Schicksal verknüpft sich mit dem vieler Menschen heute: Jesus Christus leidet mit den Opfern von Unterdrückung, Krieg, Terror und Gewalt; ER leidet mit den Gefolterten und Geflüchteten; ER leidet mit den Einsamen und Verlassenen, mit den Hilflosen und Ohnmächtigen unserer Tage.
Sehn so Sieger aus? Nein, sicher nicht! Uns ist ehr zum Heulen zumute – keine Freudentränen, sondern Tränen des Mitleids und der Trauer, auch Tränen der Wut und der Klage, wie Sacharja sie im Lesungstext beschreibt (vgl. Sach 12,10-11). Mitten in dieser Trauer, mitten in dieser Zeit der Krise entspringt „eine Quelle“ (Sach 13,1) – Sacharja zeichnet ein Hoffnungsbild: „Eine Quelle“, die Neues ermöglicht. Diese „Quelle“ wurde – wie auch der Durchbohrte – in der Kirchengeschichte auf Jesus Christus hin gedeutet:
Aus seinem geöffneten Herzen „quellen“ die Sakramente hervor; der durchbohrte Leib und sein für uns vergossenes Blut weisen hin auf die Eucharistie, auf den Leib und das Blut Christi und damit auf das Hochfest Fronleichnam, das wir vor wenigen Tagen gefeiert haben bzw. heute (nach)feiern. Wir feiern keine „Leiche“, sondern den „lebendigen Leib des Herrn“. Leid, Kreuz und Grab sind nicht das Ende, sondern erst der Anfang, quasi der Auftakt der Auferstehung, die Jesus im Evangelium ankündigt (vgl. Lk 9,22).
So sehn Sieger aus: Jesus Christus überwindet Leid, Kreuz und Grab. ER ist der auferstandene Gekreuzigte. Als Christen bekennen wir uns zu IHM und SEINER Auferstehung. In Christus sind wir erlöst von unserem Leid und mit IHM und durch IHN sind wir alle Sieger. Trotzdem sind wir alle, ist jede(r) von uns angefragt: Wer ist Jesus Christus? Wer ist ER für mich?
Eine bohrende Frage, die mich angeht. Ich kann mich nicht hinter den Antworten von Petrus, von Theologen, von Priestern oder Ordensschwestern verstecken – ich muss meine eigene Antwort im Leben und Glauben suchen, finden und geben: Wer ist Jesus Christus? Wer ist ER für mich?
Wer Jesus Christus ist, erschließt sich erst durch Tod und Auferstehung. Erst im Leiden für und mit den Armen erfüllt sich der Auftrag Jesu (vgl. Lk 4,18-19). Nachfolge Jesu Christi heißt daher nicht primär: Hinter der Monstranz herlaufen – und alles wird gut. Nicht, dass wir uns falsch verstehen: Anbetung, die Verbindung mit Jesus Christus, ist wichtig (vgl. Lk 9,18) und eine lebendige Christusbeziehung auch. Nachfolge Jesu Christi heißt vielmehr: Das eigene Kreuz annehmen, gemeinsam mit Jesus und anderen Menschen Kreuzwege gehen, ihnen das Kreuz tragen helfen und erträglicher machen (vgl. Lk 9,23-24) – so sehen Sieger aus! Jesus Christus, ist dieser „Weg, die Wahrheit und das Leben“ (Joh 14,6). Gehen wir mit IHM; folgen wir IHM nach auch auf den Kreuzwegen des Lebens; und lassen wir uns für diesen Weg stärken durch das Brot des Lebens, das Jesus Christus selber ist. AMEN.

06/24/25

PREDIGT FRONLEICHNAHM

1 Kor 11,23-26 + Lk 9,11b-17

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Kinder, liebe Jugendliche!

Getragen sein: Wie und wann bin ich getragen? Für mich als Priester ist es immer wieder ein anrührendes Bild, wenn ich eine Mama oder einen Papa sehe, wie sie zärtlich und behutsam ihr kleines Neugeborenes in ihren großen Händen halten – oder wenn das etwas ältere Kind sich schutzsuchend an die erwachsene Schulter lehnt und sich tragen lässt – oder wenn es (noch etwas älter) auf den Schultern der Eltern getragen wird. Manchmal sage ich dann zu den Eltern mit einem Lächeln: „Wie schön ist es, geliebt, geborgen und getragen zu sein!“ Tragen: Wer trägt wen? In jeder Eucharistiefeier wird Jesus Christus im eucharistischen Brot hochgehalten und als geteiltes Brot verteilt – es reicht für alle, wie bei der Speisung der 5.000 Männer, der vielen Frauen und Kinder (vgl. Lk 9,11b-17): Je-sus Christus wird zum Segen, ER teilt das Brot und lässt es austeilen – ge-teiltes Leben. Heute, am Fronleichnamstag, wird die Monstranz, ein Schaugefäß mit einem kleinen Stück eucharistischen Brotes, durch die Straßen ge-tragen: In diesem kleinen Stück Brot ist Jesus Christus gegenwärtig, ist da – für dich, für mich, für uns, für alle. Beim Tragen der Monstranz fühle ich mich von Jesus Christus getragen bei IHM geborgen, von IHM geliebt: Ich schaue IHN an und ER schaut mich an – ER schaut uns an, unser aller Leben. Unsere Fronleichnamsprozession zieht durch die Straßen, vorbei an Häusern, Türen und Fenstern – sie stehen exemplarisch für alle Häuser, Türen und Fenster unserer Stadt. In diesen Häusern und hinter diesen Türen und Fenstern leben Menschen, die viel zu tragen, ja oft viel zu ertragen haben: Krankheit, Trauer, Leid, aber auch Freude. In den Häusern wird Sorge getragen für das tägliche Brot – Essen in Gemeinschaft, in Schichtarbeit, als Single, als Alleinerziehende, als Witwe. Familien tragen Verantwortung für ihre Kinder. Menschen tragen die Last mit einsamen, kranken und alten Angehörigen, die in den Familien, durch Pflegedienste oder in Heimen versorgt und gepflegt werden. Ihnen allen begegnet Jesus Christus heute: Jesus Christus ist ihnen nah. ER will bei ihnen sein, will sie tragen, trösten, stützen und segnen. Auftrag: Was trägt und bringt weiter? Jesus Christus interessiert sich für unser Leben, für deins und auch meins; ER trägt und erträgt, ja teilt dieses Leben mit uns Menschen: ER ist – wie versprochen – bei uns an allen Tagen (vgl. Mt 28,20). Das glauben wir, wenn wir an Fronleichnam die Monstranz mit dem kleinen Stück eucharistischen Brotes durch unsere Lebenswelt und -wirklichkeit tragen: Jesus Christus ist bei uns. Ich fühle mich von Jesus Christus getragen und zugleich beauftragt. Das ist SEIN Auftrag für mich, für uns: „Gebt ihr ihnen zu essen!“ (Lk 9,13). Helft mit, dass wir wie Jesus auf Gottes Segen vertrauen, miteinander das Notwendige teilen und Menschen mit dem sättigen, was sie wirklich zum Leben brauchen: Geborgenheit und Liebe, Trost und Hilfe, Zusammenhalt und Frieden! Einander (er)tragen – und getragen sein von Jesus Christus. AMEN.

06/24/25

PFINGSTIMPULS

Im Prinzip geht alles …

… aber ohne Strom läuft nichts. Das bekomme ich zu spüren, wenn der Strom abgeschaltet wird, dann geht nichts mehr: kein elektrisches Gerät und auch I-Pad und Handy funktionieren nur solange, bis der Akku wieder aufgeladen werden muss: Im Prinzip geht alles, aber ohne Strom läuft nichts. Viele Prozessabläufe werden elektronisch und KI-gesteuert. Bei einem Ausfall der Stromversorgung würde großes Chaos ausbrechen: Im Prinzip geht alles, aber ohne Strom läuft nichts. Die Debatte um eine nachhaltige Energieversorgung und neue Stromtrassen zeigt das: wie und wo soll Energie erzeugt werden, wo und wie Stromtrassen verlaufen? Im Prinzip geht alles, aber ohne Strom läuft nichts.
Ohne Heiligen Geist geht im Leben eines Christen nichts, dann bleibt alles aus, ist alles wie tot: Im Prinzip geht alles, aber ohne Heiligen Geist läuft nichts. Damit wir das nicht vergessen, feiern wir Pfingsten, das Fest des Heiligen Geistes. Ebenso wie „Strom“ nicht sichtbar ist, sondern nur, dass mit Strom ein Elektrogerät funktioniert, ist es mit dem Geist Gottes. Die Bibel verwendet „Bilder“, um diese belebende Kraft zu umschreiben: „Taube“, „aufbrausender Sturm“, „Zungen wie von Feuer“. Was wir sehen können und was die Jünger und Maria am Pfingsttag spürten, sind die Auswirkungen: Im Prinzip geht alles, aber ohne Heiligen Geist läuft nichts. Gottes Geist belebt und bewegt in sich verschlossene Menschen, sodass sie sich öffnen, aus sich herausgehen. Aus verängstigten und schweigenden Jünger(inne)n werden kraftvolle und sprechende Bot(inn)en des Auferstandenen. Sie stehen „unter Strom“, sind begeistert und reden in vielen Sprachen: Im Prinzip geht alles, aber ohne Heiligen Geist läuft nichts.
Wenn der Heilige Geist einen Menschen durchströmt, wird er/sie durch Gott neu belebt. In den Sakramenten „Taufe“ und „Firmung“ kommen Menschen auf besondere Weise mit Gottes Lebensstrom in Berührung. Sie fallen aber nicht tot um, sondern werden geisterfüllt. In allen und durch alle Getauften (und Gefirmten) möchte Gottes Geist wirken: Im Heiligen Geist geht alles, aber ohne mich läuft nichts. Vielen Getauften (und Gefirmten) merkt man diese Begeisterung nicht (mehr) an: Hat Gott bei ihnen „seinen Strom“ abgezwickt und so das Licht ausgemacht?
Nein, Gottes Geist ist da – immer. Aber es ist wie bei einer Steckdose, die nicht benutzt wird: die kann noch so „unter Strom“ stehen – doch das wird keine Auswirkung haben, wenn nicht ein Kabel eingesteckt wird. Mit Heiligem Geist geht alles, aber ohne mich läuft nichts. Damit der Heilige Geist seine Wirkung zeigen kann und der göttliche Strom fließt, muss ich das Verbindungskabel einstecken: dann geht mir z.B. bei der Mitfeier eines Gottesdienstes ein Licht auf; dann bete ich und führe ein „geistliches Leben“ – und Gottes Kraft strömt in mich ein; dann erzähle ich begeistert von meinem Glauben und lebe ihn im Alltag; dann strömt Gottes Güte und Menschenfreundlichkeit aus mir heraus und ich teile, was ich besitze, begeistert mit den Bedürftigen: Mit Heiligem Geist geht alles, aber ohne mich läuft nichts. Es liegt an mir, ob Gottes Geist in meinem Leben sowie in Kirche und Welt sichtbare Auswirkungen hat. Schalten wir den Heiligen Geist nicht ab, sondern lassen wir ihn zu: Im Prinzip geht alles, aber ohne Heiligen Geist läuft nichts – mit Heiligem Geist geht alles, aber ohne mich läuft nichts.

Ihnen allen ein geisterfülltes Pfingstfest!

05/27/25

PREDIGT 6. SO IM OTZ (C)

Apg 15,1-2.22-29 + Joh 14,23-29

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Kinder und Jugendliche!
Ein Mosaik besteht aus winzigen Steinchen: eines hält das andere. Jedes Steinchen ist einzigartig und doch ergeben sich durch das Nebeneinanderlegen Farbflächen und Kontraste, Menschen, Tiere, Pflanzen und Gebäude werden sichtbar. Ich erinnere mich gern an die Mosaiken von Sepporis bei einer Israelreise im Jahr 2022: auf den ersten Blick waren sie blass und farblos, aber als unser Guide Wasser auf die Steinchen goss, erstrahlten sie in leuchtenden Farben; man sah ihnen ihr Alter von über 2000 Jahren nicht an.
Wir hörten im heutigen Evangelium (Joh 14,23-29) einen kleinen Abschnitt aus den Abschiedsreden Jesu (Joh 13-17), einige Mosaiksteinchen, wenige Verse. Wie bei Johannes üblich, sind verschiedene Motive ineinander verschachtelt; Mosaiksteinchen liegen auf den ersten Blick scheinbar wahllos nebeneinander. Aber in diesen bruchstückhaften Worten Jesu sind Motive enthalten, die in den Abschiedsreden an anderen Stellen immer wieder anklingen und schließlich doch ein Mosaik, ein großes Ganzes, ergeben. Alt sind sie, diese Worte Jesu – fast 2000 Jahre alt – und trotzdem nicht blass und farblos. Wenn wir uns die Mühe machen, den Staub der Jahrhunderte abzuwaschen, dann strahlen die Worte Jesu auch in unseren Tagen und haben uns heute etwas zu sagen, in der Jetztzeit des Glaubens und Lebens.
Was nehmen wir mit? Was und woran halten wir fest?
„Meine Worte“, die Worte Jesu sind das. Jesus ist so bei den Jüngern und bei uns, auch über seinen Abschied hinaus: Das schafft Nähe und Beziehung, das schafft Orientierung und Wegweisung. Das Wort Gottes nehmen wir als Glaubensgemeinschaft mit und nehmen es ernst. Welches Wort Jesu ist mir wichtig? Was „macht“ es mit mir? Welche Auswirkun-gen hat es in meinen Leben und in meinem Glauben?
Die „Liebe Gottes“ ist und gegeben. Sie stiftet Beziehung und Gemeinschaft zwischen Gott und Mensch und unter den Menschen. Liebe ist „der Kitt“, der alles zusammenhält – und Liebe eröffnet Räume, wo Gott Wohnung nimmt und so erfahrbar ist in unserem menschlichen und mitmenschlichen Tun. Wie nehme ich die Liebe Gottes in meinem Leben auf und wie setzte ich sie in die Tat um?
„Heiliger Geist“ als vorösterlich verheißener nachösterlicher „Beistand“ ist uns geschenkt. Und er hat zu tun: Er ist über die Zeiten hinweg Lehrer und Erinnerer an die Worte Jesu – gerade in Zeiten, in denen sie vergessen werden oder in der Unsicherheit der Zeit untergehen. Durch den Heiligen Geist bleibt Jesus da und ist im aktuellen Zeitgeschehen präsent und gegenwärtig: kein Zeitgeist, sondern Gottes Geist in unserer Zeit. Wo spüre ich das Wirken von Gottes Geist? Wo wirkt er in mir und durch mich?
„Friede“ ist uns verheißen. Wir denken an den Welt-Frieden, an Frieden, „wie die Welt ihn gibt“. Welchen Frieden gibt die Welt? Friede mit Waffengewalt oder durch Mauern erzwungen; Friede durch Abschreckung und Aufrüstung – so sieht Friede aus, den (sich) die Welt gibt. Jesus aber sagt „seinen Frieden“ zu, der nicht von dieser Welt ist und anders als die Welt ihn gibt: Friede, der dort beginnt, wo Wertschätzung und Respekt herrschen, wo sogar Feindesliebe möglich und gelebt wird – Friede, der dort gefunden wird, wo Barmherzigkeit und Gerechtigkeit gesucht werden – Friede, der aus dem Innersten des Herzens kommt, weil mir dort Gottes Wort in Fleisch und Blut übergegangen ist – Friede, der sich nicht auf die „Liebe zur Macht“ beruft, sondern an die „Macht der Liebe“ glaubt – Friede, der durch das Wirken von Gottes gutem Geist zustande kommt – wenn wir das Men-schenmögliche tun. Was ist mein Beitrag zum Frieden Gottes in der Welt?
Was nehmen wir mit? Was und woran halten wir fest?
Jesus selber können wir nicht festhalten, ja der Auferstandene verbietet es Maria von Magdala (und uns): „Halte mich nicht fest“ (Joh 20,17). Aber an Jesu Worte können wir uns halten – Mosaiksteine. Wir können daraus ein Mosaik gestalten, damit die Botschaft Jesu im Heute sichtbar(er) wird: Jesus ist und bleibt da, auch wenn er sich verabschiedet und geht. Jesus ist und bleibt da: im Wort Gottes – in der Liebe, die wir Gott und einander erweisen – durch den Heiligen Geist – in unserem Einsatz für Frieden. Das macht mir Mut zum Leben und Glauben. Das schenkt mir Freude: Lebensfreude und Freude am Glauben. Das nimmt mir die Angst, stärkt meine Hoffnung und gibt Halt: Es geht gut weiter – verbunden mit Gott und miteinander. AMEN.

05/26/25

PREDIGT 5. SO IM OTZ (C)

Betrachtung zum Sonntagsevangelium HEINRICHSBLATT Ausgabe 18. Mai 2025

Apg 14,21b-27 + Offb 21,1-5a + Joh 13,31-33a.34-35

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Kinder und Jugendliche!
Wer kein Testament hinterlässt bzw. nicht zu Lebzeiten entscheidet, wie es weitergehen soll, riskiert Zank und Streit unter den Nachkommen. Heute erfolgt quasi die „Testamentseröffnung“ wenige Wochen nach dem Tod Jesu: Im Evangelium werden wir zurückversetzt in den Abendmahlssaal, wo Jesus seine Abschiedsrede beginnt.
Judas ist nicht mehr dabei: Er hat sich mit dem Bösen verbündet und ist in die Nacht der Gottferne hinausgegangen (vgl. Joh 13,2.27.30), um Jesus zu verraten. Judas schlägt das „Erbe“ damit aus. Das Abendmahl hat er noch mitgefeiert, die Hineingabe Jesu Christi in die Gaben von Brot und Wein, seine dortige Existenz und dauerhafte Präsenz, sowie die Vorwegnahme seines Kreuzestodes; auch die Fußwaschung, den Liebesdienst Jesu, hat er noch als willkommene „Gabe“ angenommen, aber die damit verbundene Aufgabe, wie Jesus aus Liebe zu handeln (vgl. Joh 13,14-15), wollte Judas nicht in die Tat umsetzen.
„Jetzt“ ist die entscheidende Stunde: In die menschengewählte „Verdunkelung“ strahlt die von Jesus bei der Testamentseröffnung angekündigte „Verherrlichung“: Dieses Licht, diese Liebe und dieses Leben ist stärker als der Tod – diese Hoffnung schenkt, ja „vererbt“ Jesus im Johannesevangelium: Es ist kein leidvolles Sterben, sondern wechselseitige Verherrlichung Gottes und des Menschensohnes. Im „Es ist vollbracht“ (Joh 19,30) des Gekreuzigten findet sie ihre Erfüllung: Liebe, die sich hingibt – Licht, das sich verteilt – Leben, das anderen dient.
Dieses Licht der Liebe und dieses Leben aus Liebe soll auch die „Erben“ kennzeichnen; daran sollen sie zu erkennen sein – das ist der „Letzte Wille“ Jesu: „Liebt einander! Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben.“ Jesus redet „seine Nachkommen“, die Jüngerinnen und Jünger, liebevoll als „meine Kinder“ an; sie gelten als „Erben erster Ordnung“. Trotzdem gilt nach heute gültigem Erbrecht: Keine(r) geht leer aus – auch nicht Fernstehende und auch nicht die, die sich von Jesus und seiner Botschaft abgewandt haben. Alle bekommen den „Pflichtteil“; und diese „verpflichtende“ Liebe wird mehr, wenn man sie teilt. Wie die so „Bedachten“ mit der „ererbten“ Liebe umgehen, ob sie dieses „Erbe“ ablehnen, es für sich behalten, oder es im Sinne Jesu mit anderen teilen und damit sein „Vermächtnis“, die Botschaft der Liebe, der Solidarität und der Menschenfreundlichkeit in die Tat umsetzen, ist eine Entscheidung, die jede(r) für sich treffen muss: Jetzt ist die Zeit, jetzt ist die Stunde…
AMEN.