
Betrachtung zum Sonntagsevangelium HEINRICHSBLATT Ausgabe 18. Mai 2025
Apg 14,21b-27 + Offb 21,1-5a + Joh 13,31-33a.34-35
Liebe Schwestern und Brüder, liebe Kinder und Jugendliche!
Wer kein Testament hinterlässt bzw. nicht zu Lebzeiten entscheidet, wie es weitergehen soll, riskiert Zank und Streit unter den Nachkommen. Heute erfolgt quasi die „Testamentseröffnung“ wenige Wochen nach dem Tod Jesu: Im Evangelium werden wir zurückversetzt in den Abendmahlssaal, wo Jesus seine Abschiedsrede beginnt.
Judas ist nicht mehr dabei: Er hat sich mit dem Bösen verbündet und ist in die Nacht der Gottferne hinausgegangen (vgl. Joh 13,2.27.30), um Jesus zu verraten. Judas schlägt das „Erbe“ damit aus. Das Abendmahl hat er noch mitgefeiert, die Hineingabe Jesu Christi in die Gaben von Brot und Wein, seine dortige Existenz und dauerhafte Präsenz, sowie die Vorwegnahme seines Kreuzestodes; auch die Fußwaschung, den Liebesdienst Jesu, hat er noch als willkommene „Gabe“ angenommen, aber die damit verbundene Aufgabe, wie Jesus aus Liebe zu handeln (vgl. Joh 13,14-15), wollte Judas nicht in die Tat umsetzen.
„Jetzt“ ist die entscheidende Stunde: In die menschengewählte „Verdunkelung“ strahlt die von Jesus bei der Testamentseröffnung angekündigte „Verherrlichung“: Dieses Licht, diese Liebe und dieses Leben ist stärker als der Tod – diese Hoffnung schenkt, ja „vererbt“ Jesus im Johannesevangelium: Es ist kein leidvolles Sterben, sondern wechselseitige Verherrlichung Gottes und des Menschensohnes. Im „Es ist vollbracht“ (Joh 19,30) des Gekreuzigten findet sie ihre Erfüllung: Liebe, die sich hingibt – Licht, das sich verteilt – Leben, das anderen dient.
Dieses Licht der Liebe und dieses Leben aus Liebe soll auch die „Erben“ kennzeichnen; daran sollen sie zu erkennen sein – das ist der „Letzte Wille“ Jesu: „Liebt einander! Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben.“ Jesus redet „seine Nachkommen“, die Jüngerinnen und Jünger, liebevoll als „meine Kinder“ an; sie gelten als „Erben erster Ordnung“. Trotzdem gilt nach heute gültigem Erbrecht: Keine(r) geht leer aus – auch nicht Fernstehende und auch nicht die, die sich von Jesus und seiner Botschaft abgewandt haben. Alle bekommen den „Pflichtteil“; und diese „verpflichtende“ Liebe wird mehr, wenn man sie teilt. Wie die so „Bedachten“ mit der „ererbten“ Liebe umgehen, ob sie dieses „Erbe“ ablehnen, es für sich behalten, oder es im Sinne Jesu mit anderen teilen und damit sein „Vermächtnis“, die Botschaft der Liebe, der Solidarität und der Menschenfreundlichkeit in die Tat umsetzen, ist eine Entscheidung, die jede(r) für sich treffen muss: Jetzt ist die Zeit, jetzt ist die Stunde…
AMEN.