PREDIGT 2. ADVENT (A)

Jes 11,1-10 + Mt 3,1-12

Advent – mit allen Sinnen: Schmecken – Geschmack

Liebe Kinder, liebe Jugendliche, liebe Schwestern und Brüder!
Ein eigenartiges Menü wird uns heute aufgetischt: keine Plätzchen oder Lebkuchen, wie vielerorts im Advent üblich; nein, es ist das, was beim asketisch lebenden Johannes d. Täufer am Rand der Wüste auf den Tisch kommt: „Heuschrecken und wilder Honig“ (Mt 3,4). Kann man das etwa essen?
Bei wildem Honig stelle ich mir vor, dass er süß schmeckt, naturrein, aromatisch-wild. Da hätte ich höchstens Angst vor stechenden Bienen, die ihren Honig vor Räubern und Naschkatzen verteidigen werden.
2021 wurde die Europäische Wanderheuschrecke offiziell als neuartiges Lebensmittel zugelassen: Proteine, Ballaststoffe und gute Fette verleihen ihnen das Zeug zum Superfood; verkauft werden sie getrocknet, gemahlen oder als Proteinriegel. Es würde mich – wie bei einer Challenge beim Dschungelcamp – einige Überwindung kosten, Heuschrecken zu essen.
Eine ähnliche Herausforderung sind die Worte des Johannes – wahrlich keine leichte Kost, die Johannes den Menschen damals und uns heute vorsetzt. „Ihr Schlangenbrut“ (Mt 3,7) – schon bei den ersten Worten müssen wir schlucken. Johannes spricht vom schonungslosen Gericht: Jeder Mensch wird nach seinen Taten beurteilt, wie ein Baum nach seinen Früchten – gibt es keine, oder schmecken sie nicht, wird der Baum gefällt und ins Feuer geworfen; die Spreu wird vom Weizen getrennt (vgl. Mt 3,10-12).
Johannes redet nicht nach dem Geschmack der Leute – er redet ihnen nicht nach dem Mund. Er spricht eine klare Sprache, die zur Umkehr aufruft – das schmeckt nicht jedem: Ändert eurer Leben, kehrt um und bringt gute Früchte hervor! (vgl. Mt 3,8). Was genau zu ändern ist, lässt Johannes offen – an dieser offenen Frage muss ich mich abarbeiten, mich selbst prüfen, wo ich umkehren soll, welche Wege in meinem Leben und Glauben holprig oder gar Irrwege sind – daran habe ich ganz schön zu kauen und zu verdauen. Dem Herrn den Weg zu bereiten, darauf kommt es an; alles Unebene aus dem Weg zur räumen, damit Gott bei mir ankommen kann – das ist Advent.
Es gibt Hoffnung auch für scheinbar hoffnungslose Fälle: Ich kann den jungen Trieb aus der abgehackten Wurzel, von dem Jesaja spricht (vgl. Jes 11,1), auf Jesus Christus hin deuten: ER ist meine Hoffnung. Durch IHN gibt es auch Hoffnung für mein abgehacktes Leben – wo ich den Ansprüchen nicht genügt – wo mein Leben(smut) abgeschnitten ist – wo Einschnitte wie Tod, Krankheit, Scheidung, oder gravierende Probleme da sind. Der neue Trieb aus der Wurzel ist Hoffnung mich: Leben aus Gottes Kraft. In Taufe und Firmung ist mir diese Kraft, der Geist des Herrn, auf vielfältige Weise (vgl. Jes 11,2-3) geschenkt worden. Er wirkt in mir und will durch mich wirken; vieles wird möglich, was unmöglich scheint – die Vision des Jesaja vom großen Tierfrieden ist ein Bild dafür. Durch das Wirken des Geistes kann ich immer neu Geschmack am Leben und Glauben finden: Frieden und Zufriedenheit, Gerechtigkeit und eine Welt ohne Hunger – ja, ich müsste einiges ändern in meinem Leben, aber ein solches Leben würde mir schmecken.