PREDIGT 3. ADVENT (A)

Jes 35,1-6a.10 + Mt 11,2-11

Advent – mit allen Sinnen: Sehen – Blickwinkel

Liebe Kinder, liebe Jugendliche, liebe Schwestern und Brüder! Ich sehe was, was du nicht siehst – ein beliebtes Kinderspiel nicht nur um langweilige Autofahrten und Predigten zu überbrücken. Genau hinsehen auf die Realität und auch Details nicht übersehen ist dabei genauso wichtig wie Ehrlichkeit bei diesem Sehspiel, damit man nicht während dem Spiel den Begriff wechselt, sondern höchstens die Sichtweise der und auf die Dinge. Ich sehe was, was du nicht siehst: Ich sehe Jesus, aber ist er der Christus, der Messias, der da kommen soll und wird? Fragen, die Johannes umtreiben. Dabei hätte er es doch wissen müssen: Johannes der Täufer war ja bei der Taufe Jesu hautnah dabei und hat es mit eigenen Augen gesehen, wie der Geist Gottes wie eine Taube auf Jesus herabkam und eine Himmelsstimme zum Sehen einlädt; „Siehe, dieser ist mein lieber Sohn“ (Mt 3,17). Trotzdem hat Johannes Zweifel, ob Jesus wirklich der Messias ist, ob er bei Jesus nicht etwas übersehen oder völlig falsch gesehen hat. Jesus sagt nicht „Ich bin es!“. Er gibt nicht selbst die Antwort, sondern lädt zum Sehen ein, zum Hinsehen und Einsehen. Die Fragenden sollen sich selbst ein Bild vom Heilswirken Gottes in Jesus Christus machen; sie solle es mit eigenen Augen sehen, dass Jesus der verheißene Messias ist: „Berichtet Johannes, was ihr hört und seht: Blinde sehen wieder und Lahme gehen; Aussätzige werden rein, und Taube hören; Tote stehen auf und Armen wird das Evangelium verkündet“ (Mt 11,4-5). Wunder sehen, um zu glauben. Nicht nur die Jünger des Johannes lädt Jesus zum Sehen ein, sondern auch seine eigenen Jüngerinnen und Jünger und damit uns. Dreimal fragt Jesus sie direkt nach ihrer Sicht der Dinge: „Was habt ihr [denn] sehen wollen“ (Mt 11,7-9) – nur eine Bestätigung der eigenen voreingenommen, oberflächlichen Sichtweise? Johannes ist kein Edelmann, keiner, dem es auf Äußerlichkeiten wie schöner Kleidung, großzügiger Wohnung oder wohlhabendem Lebensstil ankommt; Johannes ist kein bedeutungsloses Schilfrohr im Wind, schon gar nicht einer, der seine Meinung dreht wie der Wind – als Sprachrohr Gottes hat Johannes eine wichtige und eindeutige Botschaft: Mit ihm, Johannes, endet die „alte Zeit“ – mit Jesus bricht die neue Zeit an. Zei-tenwende, können wir mit dem Wort des Jahres 2022 dafür sagen, das die Gesellschaft für deutsche Sprache vor wenigen Tagen bekanntgeben hat, ohne jedoch die ursprünglich christliche Bedeutung im Blick zu haben. Jesus lädt mich ein genau hinzusehen: Ich sehe was, was du nicht siehst. Er lädt mich ein, hinter den äußeren Schein blicken, tiefer und klarer zu sehen und die „kleinen Wunder“ zu entdecken, im Alltäglichen Gottes Wirken zu erahnen – und auch dort wo scheinbar Unmögliches möglich wird. „Seht, hier ist euer Gott“ (Jes 35,4). Ich nehme mir Zeit zum Sehen bei einem Spaziergang, bei dem sich meine Sicht weitet, oder beim Blick in die Kerzen des Adventskranzes, wo mein Blick konzentriert wird und nach innen führt – in allem kann ich Gott entdecken. Auf diese Einsicht kommt es an. AMEN