PREDIGT GRÃœNDONNERSTAG

Ex 12,1-8.11-14 + Joh 13,1-15

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Kinder, liebe Jugendliche!
Gründonnerstag ist verbunden mit der Farbe GRÜN – zumindest dem Namen nach. Viele Menschen essen heute auch grüne Speisen, Bärlauch-Suppe oder die berühmte Frankfurter Grüne Sauce. Aber der Name Gründonnerstag kommt nicht von der Farbe GRÜN, sondern vom althochdeutschen Greinen, dem Wort für Weinen. Die Traurigkeit bricht durch, auch in diesem Gottesdienst: die Orgel hat nach dem Gloria auf-gehört zu spielen und auch die Glocken sind verstummt – die anfängliche Feststimmung ist am Kippen und gibt dem Abendmahl, dem Abschieds-mahl Jesu einen melancholischen und traurigen Touch. Vielerorts wird nach der Abendmahl-Messe auch eine Ölbergandacht oder eine Ölbergwache gehalten und des Gebets Jesu am Ölberg gedacht – bange Stunden, die alles andere als in hoffnungsvolles GRÜN getaucht sind.
Und doch ist dieser Abend des Gründonnerstags auch mit Gedanken der Hoffnung verknüpft – die biblischen Schrifttexte sprechen davon: Von der Hoffnung auf Rettung aus bitteren und bedrückenden Zeiten – die Israeliten haben diese zugesagte Hoffnung erfahren nach langen Jahren in der Sklaverei in Ägypten und der Hinhaltetaktik des Pharaos. Und das ist ihre Hoffnung: Gott wird uns retten, denn er hat ihnen zugesagt: „Das vernichtende Unheil wird euch nicht treffen“ (Ex 12,13). Die Israeliten vertrauen Gott und setzen ihre ganze Hoffnung auf ihn. Sie rüsten und bereiten sich für den schnellen Aufbruch aus der Unterdrückung vor. Sie rüsten und bereiten sich für die eilige Flucht vor dem mächtigen und grausamen Pharao – ich fühle mich an die Flüchtenden aus den Kriegsgebieten und die Diktatoren unserer Tage erinnert. Die Israeliten feiern vor dem Exodus Pessach, ein Fest, weil sie auf das rettende Eingreifen Gottes hoffen. Gläubige Juden feiern dieses Hoffnungsfest bis heute: das Fest der Befreiung in Erinnerung daran, dass Gott Freiheit geschenkt hat und hoffentlich auch immer wieder schenken möge.
Auch wenn wir den Gründonnerstag nicht in GRÜN, sondern in der liturgischen Farbe WEISS feiern, ist es doch ein hoffnungsvolles Christusfest. Der Gründonnerstag ist getragen von der Hoffnung, dass alles gut ausgehen wird – wenn auch anders als erwartet: Es ist nicht alles sofort gut, sondern es wird erst gut durch das Kreuz – der gute Weg endet nicht am Kreuz, sondern führt durch das Kreuz hindurch zum Leben. Jesus sieht „seine Stunde gekommen“ (Joh 13,1), die Stunde, in der sich alles entscheidet: Verrat und Nachfolge – die Stunde der Hoffnung, dass das Leben über den Tod siegen wird und die Wahrheit über den Verrat.
In dieser Stunde setzt Jesus Zeichen: Er wäscht seinen Jüngern die Füße, nicht den Kopf. Er verurteilt seinen Verräter Judas Iskariot nicht, sondern wäscht auch ihm die Füße – wer hätte sich das gedacht. Der Herr wäscht allen Jüngern die Füße, macht sich klein, um zu dienen – nicht nur den Bedürftigen, sondern auch den Sündern. Er, der Herr, verrichtet den Sklavendienst – eine Umkehr der sonst gängigen Unterdrückungsverhältnisse. Jesus setzt dieses Zeichen des Dienens. Die Jünger und auch wir Menschen heute sollen uns daran ein Beispiel nehmen und einander und den Menschen dienen – nicht über sie herrschen oder sie mit Gewalt zu etwas zwingen. Dem Frieden und dem guten Zusammenleben dienen – aus Liebe –, darauf kommt es an. Dieses hoffnungsvolle Zeichen setzt Jesus; er hofft, dass die Jünger es ihm nachmachen, ihm so nachfolgen und auf der Spur bleiben, auch wenn er nicht mehr da ist. Für diesen hoffnungsvollen Weg steht auch die Farbe GRÜN: Sie ist eine emotional positive Farbe, die uns befähigt, uns selbst und andere bedingungslos zu lieben.
Jesus setzt ein weiteres Hoffnungszeichen: Er nimmt die Speisen des jüdi-schen Pessach-Mahles und gibt ihnen eine neue Bedeutung – wieder geht es um Rettung. Der Name Jesus ist Programm: Gott rettet. Er gibt sich hinein in die Gaben von Brot und Wein. Die Jünger sollen so Jesus aufnehmen und aus ihm leben. In der Feier des letzten Abendmahles und in jeder Feier der Eucharistie ist Jesus Christus ganz da: Jesus Christus ist das Lebensbrot: Brot, das stärkt und Rettung verheißt. Brot, das nach einer guten Zu-kunft schmeckt – nach Frieden und Freiheit. Brot, das Leben ist und uns mit unserem Retter Jesus Christus und untereinander verbindet. Das macht Mut und schenkt Hoffnung gerade in diesen schweren Zeiten. AMEN.