PREDIGT Maria Lichtmess (B)

Mal 3,1-4 + Lk 2,22-40 (= Langfassung)

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Kinder, liebe Jugendliche!
„Volk Gottes zünde Lichter an, vertreib die Nacht mit ihrem Schein! Der jedes Dunkel wenden kann, er zieht ins Haus des Vaters ein“ (GL 374/1) – ein Lied passend zum Evangelium am Lichtmesstag (Lk 2,22-40). Ein Lied, das auch zur Aktion #lichtfenster passt, die Bundespräsident Steinmeier initiiert hat und zu der auch die Deutschen Bischöfe aufgerufen haben. Wir sind eingeladen, allabendlich eine Kerze in unsere Fenster zu stellen – eine Kerze, die hineinstrahlt in die dunkle Nacht und die Dunkelheit und Betrübnis dieser Zeit – leuchtende Kerzen in der Region Hofer Land, in der die Inzidenzwerte in den letzten Tagen stark angestiegen sind – Kerzen als Zeichen der Anteilnahme, die auch Lichtblick sind für die Verstorbenen der Corona-Pandemie: Licht, das für die christliche Hoffnung steht, für Jesus Christus, „der jedes Dunkel wenden kann“.
Es braucht Geduld. Wir müssen Geduld haben und dürfen nicht vorschnell aufgeben. Was nach Handlungsanweisungen unserer Politiker in der jetzigen Phase des lockdowns klingt, ist die Erfahrung, an denen uns heute der greise Simeon teilhaben lässt. Simeon wartet geduldig. Er wird alt. Er vertraut voller Hoffnung der Verheißung des Heiligen Geistes, dass sich dieses Warten lohnen und er zu Lebzeiten noch „den Christus“ sehen werde.
Vielleicht macht sich in Simeon bereits die Dunkelheit breit. Er steht kurz vor seinem Lebensende: Ob der Messias, der Christus, noch kommt? Ob er nicht die ganze Lebenszeit vergebens gewartet hat? Düstere Gedanken, die Simeon während des Wartens gekommen sein könnten. Doch er wartet geduldig und voller Sehnsucht. Simeon erkennt – unter der Führung des Heiligen Geistes – in Jesus, den Maria und Josef in den Tempel bringen, den verheißenen Christus: „Meine Augen haben das Heil gesehen“ (Lk 2,30), bekennt er. Simeon erkennt und bekennt die Universalität des Kommens Jesu Christi: Jesus Christus ist nicht nur Lichtblick für ihn selbst, sondern für alle Völker, für sein eigenes Volk, die Israeliten, und auch für fremde Völker (vgl. Lk 2,31-32). Damit ist scheinbar alles Wesentliche gesagt, denn hier endet die Kurzfassung des Evangeliums (vgl. Lk 2,22-32). Ja und Nein: christologisch, also Jesus Christus betreffend, ist mit diesem Lobpreis des Simeon bereits alles gesagt und er kann „in Frieden scheiden“ (Lk 2,29) – aber ekklesiologisch, also die Glaubensgemeinschaft bzw. die Kirche betreffend, ist längst noch nicht alles gesagt: Leider beziehen sich Kirchenlieder (vgl. GL 374/4 und 902/4), das Segensgebet über die Kerzen, die Festtagspräfation und das Schlussgebet der Heiligen Messe ausschließlich auf Simeon – doch Hanna gehört als Frau wesentlich zu Gemeinschaft der Glaubenden (jüdischen Glaubens) dazu; sie darf nicht einfach weggeschnitten werden, sonst wären gelebter Glaube und Kirche als verfasste Glaubensgemeinschaft defizitär und „reine Männersache“. Hanna wird anders als Simeon nicht durch die Zuschreibungen „gerecht und fromm“ (Lk 2,25) charakterisiert, sondern durch ihre Abstammung und ihr Lebensschicksal als konkrete Person benannt: eine Tochter Penuëls aus dem Stamm Ascher, die jung geheiratet hat, sieben Jahre verheiratet war und nun eine Witwe von 84 Jahren ist (vgl. Lk 2,36-37). Auch ihre Gottesbeziehung und Frömmigkeit ist konkreter beschrieben als die des Simeon: Hanna „hielt sich ständig im Tempel auf und diente Gott mit Fasten und Beten“ (Lk 2,37). Beten und Fasten ist Hannas ernsthafte Vorbereitung für die Christus-Begegnung – wir machen das heute noch so, wenn wir den Advent und die Fastenzeit als Vorbereitungszeiten auf die Christus-Hochfeste Weihnachten und Ostern ernst nehmen. Zudem wird Hanna als „Prophetin“ (Lk 2,36) bezeichnet und steht so in einer besonderen Gottesbeziehung: Hanna ist ein Sprachrohr Gottes gegenüber dem Volk. Sie mahnt im Namen Gottes, prangert Missstände an und verkündet Gottes Wort. Auch wenn keine wörtliche Rede von Hanna in der Bibel überliefert ist, redet und verkündet sie: Wie Simeon „pries [Hanna] Gott“ (Lk 2,38), schreibt Lukas in seinem Evangelium – ja mehr noch: Hanna „sprach über das Kind [= Jesus Christus] zu allen, die auf die Erlösung Jerusalems warteten“ (Lk 2,38). Hanna ist somit Katechetin, Missionarin und Glaubensvermittlerin – im Tempel, öffentlich und für alle. Hatten bisher im Lukasevangelium der/die Engel an Einzelpersonen oder Randgruppen verkündet (vgl. Lk 1,26-38 und Lk 2,9-14) und Simeon seinen Lobpreis Gottes im „kleinen Kreis“ vor Maria und Josef ausgesprochen, verkündet die Prophetin Hanna allen, die auf bessere Zeiten warten, Gottes Wirken in Jesus Christus: ER ist der Erlöser. Hanna hat damit als Frau und Gotteskünderin in ihrer Glaubensgemeinschaft und für die Menschen der damaligen Zeit Wichtiges zu sagen – ein hoffnungsvoller Lichtblick für die katholische Kirche und Frauen in unserer Kirche heute. AMEN.

Vertiefende Liedlinks:
– Volk Gottes, zünde Lichter an: https://www.youtube.com/watch?v=ip5dj4YUoa4
– Morgenstern der finstern Nacht: https://www.youtube.com/watch?v=i-HbXBvuBSQ