PREDIGT 2. SO OSTERZEIT (A)

1 Petr 1,3-9 + Joh 20,19-31

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Kinder und Jugendliche!
Er steht auch in meiner Wohnung: der Osterhase – er gehört zum Osterfest dazu. Aber: Wer glaubt schon an den Osterhasen?
Kinder schon – mit etwa drei Jahren beginnen Kinder, an Phantasiewesen wie den Osterhasen zu glauben. Wenn dann die Eltern behaupten, der Osterhase habe die Eier und die Geschenke gebracht, nehmen Kinder ihnen das in der Regel ab. Denn Eltern gelten als glaubwürdige Quelle.
Wer glaubt schon an den Osterhasen?
Kinder reagieren enttäuscht, wenn ihnen einmal klar wird, von ihren Eltern „belogen“ worden zu sein. Psychologen raten Eltern deshalb, sensibel mit diesem Thema umzugehen: Wenn Kinder anfangen zu zweifeln, dann sollen Eltern kritische Fragen unterstützen, etwa solche wie: „Kann ein so kleiner Hase denn wirklich so viele große Eier tragen?“
Wer glaubt denn noch an den Osterhasen?
Bezüglich des Osterhasen kommen bei Kindern früher oder später so große Zweifel auf, dass der Glaube an den Osterhasen von ganz allein aufhört. Kinder tauschen sich auch im Freundeskreis oder in der Schule aus und merken sehr bald, dass es den Osterhasen nicht gibt – sie hoffen aber trotzdem, dass der Osterhase kommt und Eier und Geschenke bringt.
Wer glaubt denn an die Auferstehung Jesu von den Toten?
72 Prozent der katholischen 77 Prozent der evangelischen Christen in Deutschland nicht; einige Jünger Jesu schon – Thomas nicht. Thomas hat Zweifel: Wie soll denn das möglich sein? Jesus wurde gekreuzigt und ist am Kreuz gestorben; sein toter Leichnam wurde in ein Grab gelegt. Tot ist tot – das Leben ist aus, das weiß doch jedes Kind! Die Jünger können ja viel erzählen! Thomas will Beweise dafür, dass Jesus, der Gekreuzigte, lebt: „Wenn ich nicht die Male der Nägel an seinen Händen sehe und wenn ich meinen Finger nicht in die Male der Nägel und meine Hand nicht in seine Seite lege, glaube ich nicht“ (Joh 20,25), sagt Thomas provokant. Thomas legt damit den Finger in die Wunde und berührt den wunden Punkt: Die Jünger können nicht beweisen, dass Jesus lebt – die Jünger können es nicht. Das Gespräch zwischen Thomas und den Jüngern ist damit beendet; die Frage ist für Thomas geklärt und abgeschlossen: Wer glaubt denn da noch an die Auferstehung Jesu von den Toten? Ich nicht! Aus, Ende, Amen.
Abgeschlossen, eingeschlossen, verschlossen: Acht Tage später – so erzählt das heutige Evangelium – kommt Jesus in die Verschlossenheit der Jünger, in dieses endgültige Amen und berührt den wunden Punkt, die Auferstehungsfrage: Wer glaubt denn noch nicht an meine Auferstehung?
Der auferstandene Gekreuzigte zeigt Thomas seine Wunden als Beweis – die Wunden sind nicht weg, sondern sie sind da als Zeichen für das Leben, für Sterben und Auferstehen. Jesus fordert Thomas sogar auf, die Finger in seine Wunden zu legen. Ob Thomas den Mut dazu hatte, wissen wir nicht.
Die Begegnung ist der Wendepunkt: Thomas glaubt jetzt, dass Jesus wirk-lich lebt, und spricht das offen aus: „Mein Herr und mein Gott“ (Joh 20,28).
Um diese Offenheit geht es an Ostern – um diese Offenheit im Zweifeln und Glauben an Jesus Christus, den auferstandenen Gekreuzigten, den Herrn und Gott. Dieser Glaube soll an und durch Ostern wachsen und erwachsen werden – in den Jüngern und in mir. Wenn wir Glaubensängste und Zweifel haben, dann dürfen die sein. Jesus lädt uns ein, lädt mich ein, meine Zweifel und meine Verschlossenheit zu überwinden. Zweimal war im heutigen Evangelium von „verschlossenen Türen“ (Joh 20,19.26) die Rede – im übertragenen Sinn auch von verschlossenen Herzen. Der Aufer-standene kommt hinein in diese, meine Verschlossenheit: Wie bei den Jüngern geht ER den ersten Schritt und geht ein auf meine Fragen, auf die Zweifel und Ängste und auch auf meine Ablehnung – ER zeigt mir seine Wundmale – ER zeigt mir, dass er trotzdem lebt – ER steht mir zu Seite. Wie den Jüngern macht ER mir Mut, die Finger in die wunden Punkte meines Glaubens zu legen – ER hilft mir mit den Verwundungen meines Lebens und Glaubens zu leben durch die Kraft, die von IHM ausgeht. Wie den Jüngern wünscht ER mir den Frieden: inneren Frieden und Zufriedenheit – und äußeren Frieden in meinen gelebten Beziehungen mit meinen Mitmenschen und die Kraft zu vergeben. ER schenkt mir wie den Jüngern den Heiligen Geist – Lebensatmen und Glaubensbegeisterung. Diese Perspektiven eröffnet Ostern. Wer glaubt da noch an den Osterhasen? Ich nicht! Ich glaube an Jesus Christus, den auferstandenen Gekreuzigten! AMEN.