PREDIGT 16. So. i. JK (A)

Weish 12,13.16-19 + Mt 13,24-30 (KF)

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Kinder, liebe Jugendliche!
Gestern habe ich auf einem Acker bei Schwingen einen Landwirt gese-hen – er stand mitten in seinem Getreidefeld und hat die Ähren geprüft. Ist nach der Aussaat und der langen Zeit des Wartens und Wachsenlas-sens die erwünschte Frucht da? Oder gibt es nicht viel zu ernten?
Obwohl bald Erntezeit ist, geht der Blick zurück auf die Anfänge – ge-nau wie im Evangelium. Vom Sämann dort kann ich einiges für mein Leben lernen: Als Mensch bestelle ich den Acker meines Lebens, mein Lebensumfeld. Ich kann dabei nur mit dem Saatgut säen, das ich habe – ich kann es bei mir selbst aussäen oder auch auf fremden Äckern.
Doch wie ist es um mich bestellt?
Wie gehe ich mit mir und meinen Anlagen und Begabungen um?
Säe ich in Wort und Tat eine gute Saat aus?
Wie reagiere ich auf Gegebenheiten und Eingriffe meiner Mitmenschen?
Es ist schon manchmal sehr verwunderlich, was da so alles in meinem Leben aufgeht, was da so wächst, obwohl ich es gar nicht ausgesät habe: Misserfolg, Streit, Unverständnis, Neid, Zerwürfnisse und Falschheit.
In mein Leben sät Jesus sein Wort, das Sämann-Gleichnis vom Unkraut und dem Weizen. Er will mir zeigen, wie mein Leben gelingen kann, wie mitten unter uns das Reich Gottes anbricht und was ich dafür tun kann:
Ein Sämann sät guten Samen aus. Nach vollbrachter Aussaat legt er sich zufrieden schlafen. Doch das, was er an Gutem ausgesät hat und die zu erwartende gute Ernte, bereitet einem andern eine schlaflose Nacht. Er kann nicht eher schlafen, bis er seine schlechte Saat aufs bereits gut be-stellte Feld ausgestreut hat. Zunächst ist nichts zu sehen, die Saat geht auf und wächst munter vor sich hin, die Gute und die Schlechte, denn beide sehen sich zum Verwechseln ähnlich: erst als „sich die Ähren bil-deten, kam auch das Unkraut zum Vorschein“ (Mt 13,26). Erst jetzt, kurz vor der Ernte wird die schlechte Saat des Feindes sichtbar.
„Hast du nicht guten Samen auf deinen Acker gesät? Woher kommt dann das Unkraut?“ (Mt 13,27) Da hilft alle Aufregung der Knechte nichts: Da ist nichts mehr zu machen, das weiß der gute Sämann. Er lässt sich nicht von der Unruhe und Erregtheit der Knechte anstecken. Trotz der misslichen Lage, trotz der schlechten Saat in seinem Acker bewahrt er Ruhe und Gelassenheit. Er scheint den Übeltäter zu kennen, ja sogar mit dessen schlechter Aussaat gerechnet zu haben. Der gute Sämann legt keinen falschen Aktivismus an den Tag, wie es sich sein Feind wohl gewünscht hätte: Er lässt das Unkraut einfach weiter wach-sen. Er gibt sich keiner falschen Sorge oder Angst hin, sondern sieht die Gefahr, beim Herausreißen des Unkrautes auch die guten Pflanzen nie-derzutrampeln oder herauszureißen. Der gute Sämann behält den Über-blick über das Ganze und zeigt seine Überlegenheit. Er greift bewusst
nicht ein, denn er sieht die gute Ernte in Gefahr. Er weiß genau: der gute Same wird gute Frucht bringen, auch wenn die Pflanzen mitten im Un-kraut aufwachsen. Der verantwortungsvolle Sämann lässt beides wach-sen. Er ist und bleibt Herr der Lage und lässt auch keine x-beliebigen Menschen darüber entscheiden, was wann gut oder schlecht ist. Er selbst entscheidet über den Zeitpunkt der Ernte. Er selbst richtet über Gutes und Böses – keiner sonst. Er selbst beauftragt die Erntehelfer.
Wie sieht denn das aus: ein anscheinend ungepflegter Garten, wo alles wild und kunterbunt durcheinander wächst. Ich kenne das nur zu gut: Unkraut jäten, damit sich die Nachbarn nur nicht das Maul über mich, meinen Garten und mein Lebensumfeld zerreißen. „Wehret den Anfän-gen. Alles muss raus!“, sagt meine Mutter oft, wenn sie im Garten mit ihren Gerätschaften anrückt. Leider erwischt sie dabei nicht nur Un-kraut, sondern oft auch kleine Blumenpflänzchen, deren Same ich aus-gesät habe… Ob ich im Leben anderer auch soviel zerstöre?
Ich kann vom Sämann nur lernen: Ich kann Gelassenheit lernen und Dinge wachsen lassen – Gelassenheit, statt blindem Aktionismus, der auch Gutes mit ausreißen würde. Ich kann daraus auch lernen, Grenzen zu ziehen: nicht andere über mein Feld, meine Aussaat, über gute und schlechte Pflanzen und über die Erntebedingungen bestimmen zu lassen. Als Sämann oder Gärtnerin entscheide ich selbst, was auf meinem Le-bensacker wachsen darf und wie mein Lebensumfeld bestellt ist. Und wenn jemand doch Unkraut in mein Leben gesät hat, kann ich es wach-sen lassen und mich vielleicht sogar an dessen schönen Blüten erfreuen. AMEN.

Hier noch ein Segens-Lied-Link: https://www.youtube.com/watch?v=4QlSk_5I9uk&list=RD4QlSk_5I9uk&start_radio=1&t=0